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Wider die Perversen

■ Homo-Hasser Heinrich Lummer (CDU) wettert gegen die Aids-Hilfe

Bonn/Berlin (taz) – Heinrich Lummer hat wieder einmal einen Beitrag zur Füllung des Sommerlochs geleistet. Wie fast jedes Jahr zur gleichen Zeit nutzt er auch diesmal die allgemeine Meldungsdürre, um eine Stellungnahme zur Lage der Nation in die Nachrichtenagenturen zu lancieren.

Der CDU-Politiker sieht den „Untergang unseres Staates“ dräuen. Hauptverantwortlicher: die Deutsche Aids-Hilfe. Denn diese, so Lummers Argumentation in einer Presseerklärung, verbreite „außergewöhnlich ekelerregende Publikationen, in denen zu widerlichsten Sexualpraktiken – vorzugsweise gleichgeschlechtlich – animiert wird“. Somit fördere die Aids-Hilfe „eine Entwicklung in Deutschland wie in den sprichwörtlichen Unzuchtstädten von Sodom und Gomorra“ (sic!). Deshalb fordert er in einem offenen Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl dazu auf, die Bundesmittel für die Deutsche Aids-Hilfe einzufrieren.

Mit dieser Rhetorik liegt Lummer auf einer Linie mit den „Christen für die Wahrheit“, einer aus der südafrikanischen Burenbewegung stammenden, seit 1992 auch in Deutschland tätigen Organisation. Diese hatte bereits im März dieses Jahres an alle Bundestagsabgeordneten Briefe mit eben dieser Forderung geschickt. Stein des Anstoßes sind einige Aufklärungsbroschüren, die „Safer Sex“-Tips enthalten.

Vor allem die explizite Benennung schwuler Sexpraktiken wertet die Organisation als Indiz dafür, daß die Aids-Hilfe „die Bundesrepublik zu einem pornographischen Umerziehungslager“ machen will. Bis auf Lummer ist jedoch keiner der Abgeordneten auf diesen Argumentationszug aufgesprungen. Im Gegenteil: Diverse PolitikerInnen verwahrten sich gegen die Hexenjagdrethorik der „Christen für die Wahrheit“.

Margot von Renesse, SPD-Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen, etwa schrieb der Organisation: „Wenn es darum geht, bestimmte gefährliche Verhaltensweisen zu verhindern, dann müssen diese auch in aller Deutlichkeit genannt werden. Schamvolles Drumherumreden und exakte Information schließen sich nun mal aus.“ Sonja Schock

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