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SPD-Bauherr führt Genossen in den Sumpf

■ Anbau in Weddinger Parteizentrale vom Amtsgericht beschlagnahmt

Die SPD hat ihren Sommerskandal: Für einen Neubau neben der Parteizentrale in der Müllerstraße wurde vom Amtsgericht Wedding die Zwangsvollstreckung angeordnet. Antragsteller ist die Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank. Bauherr des mittlerweile beschlagnahmten Gebäudes ist das Tempelhofer SPD-Mitglied Hans Noetzel, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft für Wohnungs- und Bauwesen. Diese hatte vor rund zwei Jahren mit der Grundstückseigentümerin Wedding mbh, an der die Bundes- und Landes-SPD jeweils 40 Prozent und die Weddinger SPD 20 Prozent halten, einen Erbpachtvertrag über 50 Jahre abgeschlossen. Der Vertrag sah nach der Fertigstellung eine jährliche Zinszahlung von 140.000 Mark an die Wedding mbh vor, mit der sie die nebenanliegende SPD-Landeszentrale renovieren wollte.

Doch die Jahreszahlung der Genossenschaft, die am 1. Juli fällig gewesen wäre, blieb aus, wie der Geschäftsführer der Wedding mbh, Herbert Leupold, gestern bestätigte. Der fünfstöckige Bau mit rund 15.000 Quadratmeter Nutzfläche stand seit der Fertigstellung im September vergangenen Jahres leer. Nach Angaben von Leupold habe Noetzel bei einer Miete von rund 40 Mark pro Quadratmeter angeblich keine Interessenten gefunden. Von der Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank hatte die Genossenschaft einen Kredit über 7,5 Millionen Mark erhalten.

Noetzel gilt als schillernde Figur der Baubranche. Vor rund einem Jahr geriet er wegen mutmaßlicher Kontakte zur KoKo des früheren Devisenbeschaffers der DDR, Schalck-Golodkowski, in die Schlagzeilen. Bekanntestes Mitglied der Genossenschaft war bis vor rund einem Jahr unter anderem der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt, der sich mit einer Einlage von 20.000 Mark beteiligt hatte. SPD- Fraktionssprecher Peter Stadtmüller versicherte gestern, daß Staffelt vor einem Jahr seine Mitgliedschaft zurückgezogen habe, nachdem erste Meldungen über Noetzels dubiose Vergangenheit veröffentlicht worden waren. Den Bericht einer Boulevardzeitung, wonach Staffelt sich verspekuliert habe, nannte Stadtmüller „schlichtweg falsch“. Die Genossenschaft sei rechtlich gar nicht befugt, Gewinne zu erwirtschaften.

Stadtmüller dementierte Gerüchte, wonach die Genossenschaft möglicherweise Konkurs anmelden muß. Erst vor kurzem sei Staffelt von einem Mitglied die Zahlungsfähigkeit versichert worden. Die Geschäftspraktiken scheinen jedoch undurchsichtig zu sein. Nach Angaben von Leupold mußten bereits mehrere Firmen, die für die Genossenschaft tätig waren, Konkurs anmelden. Darunter sei im letzten Jahr das Unternehmen Elemente Spezialbau gewesen, das als bauausführende Firma für den Rohbau des jetzt beschlagnahmten Anbaus in Wedding zuständig gewesen sei. Severin Weiland

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