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Der Wurm in Berlusconis Regierung

■ Auch nach der Parlamentsdebatte ist nichts geklärt

Rom (taz) – Wenn er nicht so ein unverbesserlicher Optimist wäre, dann... Ja, was dann? Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, im Versuch einer massiven Vorwärtsverteidigung, scheint derzeit nicht vom Glück verfolgt. 40 Minuten lang behämmerte er am Dienstag abend das Volk per direkt übertragener Regierungserklärung mit tausenderlei Dingen – nur das, was die Bürger hören wollten, kam darin nicht vor.

Daß die Wirtschaft fast – fast – schon boome, daß die Unternehmen großes Vertrauen besäßen, daß man unversehens mehr als zwei Milliarden unausgegebener Gelder in den Gesundheitsämtern entdeckt habe und derlei mehr erzählte Berlusconi. Doch wie er die beiden heftig diskutierten Kardinalfragen lösen wolle, kam nur vage als Ankündigung einer „baldigen“ Entscheidung vor. Dabei geht es um die Vermeidung absehbarer Interessenskonflikte zwischen Amt und Privatimperium des Ministerpräsidenten und die von ihm selbst losgetretene Kampagne zur Leerung der Gefängnisse von Bagatelldelinquenten – jedoch ohne den von seinen Freunden geforderten Nebeneffekt einer Schonung korrupter Politiker und bestechender Unternehmer, um den es der Regierung im Grunde gegangen war.

Mit angespanntem Gesicht verlas Berlusconi seine Erklärung, erst nach einer Viertelstunde kam das alte maskenhafte Lächeln einige Male zurück, als seine Koalitionsfraktionen ihm langanhaltenden Beifall klatschten – um sich dann wieder schnell zu verdüstern, als Oppositionspolitiker Schildchen mit den Wörtern „Applaus“, „Aufstehen“, „Ovation“ hochhielten.

Tatsächlich verläuft in der neuen, kaum 100 Tage amtierenden Administration derzeit nahezu alles lehrbuchartig nach Murphys Prinzip: Alles, was schiefgehen kann, geht schief. So mußte Berlusconi am Tag vor seiner Erklärung einen schweren Rüffel des – an sich mit ihm befreundeten – Chefs der Nationalbank hinnehmen, weil viele Sanierungsmanöver nicht langfristig durchdacht seien. Und nur wenige Stunden vor seiner Erklärung wartete das amerikanische Wall Street Journal mit einer Meldung auf, wonach Berlusconi in eine höchst dubiose, nach amerikanischem Gesetz illegale Aktion verwickelt sei: Als vor vier Jahren zwei italienische Spekulanten die legendäre Filmproduktionsgesellschaft Metro Goldwyn Meyer kaufen wollten, sei Berlusconi heimlich – was als Betrug am Verkäufer gilt – mit 150 Millionen Dollar dabei gewesen, um den Anzahlungspreis zu garantieren; der Kauf ging später in einer gigantischen Pleite der Spekulanten unter. Diese Vorwürfe ließ Berlusconi in seiner Rede unbeachtet.

Sozusagen „gerettet“ wurde Berlusconi am Ende durch eine durchtriebene – im Gegensatz zu allen anderen frei gehaltene – Rede von Neofaschistenchef Gianfranco Fini: Der erklärte die Tatsache, daß sich durch Berlusconis Erklärung nichts geändert habe, zum eigentlichen „Knüller“: „Der Regierungschef hat sich dem Parlament gestellt, und das hat gezeigt, daß es zur gesitteten Debatte fähig ist. Das ist der korrekte Platz dafür, und so soll es sein in einer Demokratie.“ Werner Raith

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