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Taslima Nasrin stellt sich dem Gericht in Dhaka

■ Haftbefehl wurde ausgesetzt

Delhi (taz) – Die Schriftstellerin Taslima Nasrin hat gestern ihr Versteck verlassen, in das sie am 4. Juni geflohen war, nachdem die Regierung von Bangladesch Haftbefehl gegen sie erlassen hatte. Bekleidet mit einem Sari und mit bedecktem Kopf erschien die 32jährige Feministin gestern morgen in Begleitung ihrer Anwälte vor einem Richter des Obergerichts der Hauptstadt Dhaka und beantragte die Aufhebung ihres Haftbefehls gegen Kaution. Sie wurde ihr sofort gewährt. „Ich hatte Todesangst nach der Drohung von seiten der Fundamentalisten“, sagte Nasrin. „Die Mullahs bedrohen mich immer noch, aber ich denke, daß sich die Lage langsam ändert.“

Ab heute wird gegen sie wegen des Vorwurfs der „Verletzung religiöser Gefühle“ vor einem Magistratsgericht in Dhaka verhandelt. Dazu braucht die Schriftstellerin jedoch nicht persönlich zu erscheinen, sondern kann ihren Rechtsbeistand schicken. Ihre Anwältin Sarah Hossain erklärte gegenüber der taz, Nasrin habe vom Gericht volle Bewegungsfreiheit zugestanden bekommen. Dies schließe auch Reisen ins Ausland ein. Freunde Nasrins sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob sie im Land bleiben oder zumindest für eine gewisse Zeit ins Ausland gehen wird.

Juristen in Dhaka sind der Meinung, daß eine Kaution nur Sinn mache, wenn die bedrängte Schriftstellerin sich zumindest für einige Zeit im Ausland aufhalten kann. Die EU-Botschaften sind von ihren Regierungen gehalten, Taslima Nasrin ein Besuchsvisum auszustellen, falls sie ein solches beantragt.

Heute wäre die Frist abgelaufen, die der Haftrichter Nasrin für ein Erscheinen gestellt hatte.

Ihr Entschluß, sich dem Gericht zu stellen, wurde ihr vielleicht auch durch den Umstand erleichtert, daß die Redner bei der fundamentalistischen Großveranstaltung vom letzten Freitag die Fatwa gegen sie nicht explizit erneuert hatten.

Die Regierung stellte sich bisher auf den Standpunkt, sie sei verpflichtet und imstande, ihrer Bürgerin den nötigen Schutz zu geben. Dies macht aber angesichts des Hasses, der Nasrin von seiten der Fundamentalisten entgegenschlägt, umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen nötig.

Offiziell strebt die Regierung die Verhaftung und Verurteilung Nasrins an, weil ihr Verhalten den Straftatbestand der „Verletzung religiöser Gefühle“ erfülle. Dennoch scheint sie die Möglichkeit einer Ausreise nicht ganz von der Hand zu weisen. In einem Gespräch meinte etwa Informationsminister Huda vieldeutig, sie solle sich nun erst einmal stellen, dann werde man weitersehen, wie man ihren Schutz am besten gewährleisten könne. Gleichzeitig muß die Regierung auch den Vorwurf vermeiden, Nasrin Fluchthilfe vor der eigenen Justiz geboten zu haben.

Bernard Imhasly Seite 10

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