: Hungerstreik hält an
■ Stimmung im Tegeler Knast gereizt
Der Hungerstreik im Langstrafer-Haus III des Tegeler Männerknasts dauerte auch gestern unvermindert an. Nach Angaben von Gefangenen nehmen seit Dienstag 60 bis 80 Insassen kein Essen mehr zu sich. Der Tegeler Anstaltsleiter Klaus Lange-Lehngut sprach indes von 45 Gefangenen, die aber lediglich „die Annahme der Anstaltskost“ verweigerten. Er vermutete, daß die Insassen in den Zellen von ihren selbstgekauften Lebensmitteln zehrten. Beweise habe er dafür jedoch nicht, sagte Lange- Lehngut.
Im Vergleich zu den Vortagen scheint sich die Stimmung im Haus III gestern zugespitzt zu haben. Wie berichtet, begann alles am vergangenen Freitag damit, daß die Insassen gegen die unerträgliche Hitze in den Zellen protestiert hatten. Daraufhin hatte die Anstaltsleitung angeordnet, die Zellen sonntags für 90 Minuten zum Durchlüften zu öffnen. Aber den Insassen geht es um mehr: Sie fordern eine Angleichung der Haftbedingungen an die der Neubauhäuser V und VI (s. taz von gestern).
Die Anstaltsleitung ist dazu jedoch nicht bereit. Statt dessen wurden gestern vier der sechs Insassenvertreter des Hauses III in andere Häuser strafverlegt. Bei den vier Männern seien Flugblätter gefunden worden, deren Inhalt dazu angetan sei, die Stimmung unter den Insassen „anzuschüren“, erklärte Lange-Lehngut. Von Beamten habe er außerdem erfahren, daß Gefangene mit Drohungen zum Hungerstreik angehalten worden seien. Die Verlegung sei erforderlich gewesen, um die Insassen zu beruhigen, denn viele verstünden bei dem Streik überhaupt nicht mehr, um was es eigentlich gehe.
Gefangene dementierten gegenüber der taz jedoch, daß die Insassenvertreter bei dem Streik die Rädelsführer gewesen seien. Seit die vier verlegt seien, sei die Stimmung vielmehr auf dem Siedepunkt. „Die Leute sind stinksauer darüber und bald zu allem bereit.“
Der Grünen-Abgeordnete Ismail Kosan befand, die Justizverwaltung verfahre mit den Tegeler Insassenvertretern genau so, wie es die Innenverwaltung unlängst mit den hungerstreikenden Abschiebehäftlingen getan habe. Auch dort wurden die angeblichen Rädelsführer aus der Kruppstraße wegverlegt. „Zwischen SPD und CDU ist kein Unterschied mehr.“ plu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen