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Frankreich warnt vor Massenflucht

■ Ruanda: Nahrungsmittel in Sicherheitszone knapp / Konflikte mit zairischen Soldaten im Lager Katale

Goma (AFP/AP) – Der Kommandeur der französischen Militärmission in Ruanda, Jean- Claude Lafourcade, hat am Wochenende vor einem neuen Strom von Flüchtlingen gewarnt, die wegen der Nahrungsmittelknappheit aus der Sicherheitszone im Südwesten des Landes in die Nachbarstaaten vordringen könnten. Ein Teil der Menschen in der „Sicherheitszone“ leide großen Hunger, sagte General Lafourcade. Wenn sich die Versorgungslage nicht bessere, könnten die Menschen nach Goma in Zaire fliehen, weil sie wüßten, daß es dort Hilfsgüter gebe. In der „Sicherheitszone“ halten sich rund 800.000 Flüchtlinge auf.

Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ (Médecins Sans Frontières, MSF) gab bekannt, sie habe noch nie zuvor eine ähnlich hohe Sterblichkeitsrate festgestellt wie unter den 850.000 Flüchtlingen in der Umgebung von Goma. Seit dem 21. Juli starben in den Lagern in der Umgebung von Goma nach einer MSF-Statistik 25.000 Flüchtlinge.

In dem Lager von Katale habe die Sterblichkeit mit 41 Toten, die pro Tag auf 10.000 Personen kommen, den „höchsten jemals festgestellten Wert“ seit Gründung der Hilfsorganisation erreicht, sagte MSF-Sprecher Jacques de Milliano. Neunzig Prozent der Todesfälle seien auf Cholera, Ruhr und andere Krankheiten des Verdauungstrakts zurückzuführen. Zwar sei die Choleraepidemie inzwischen unter Kontrolle, durch die Zunahme der Ruhr sei jedoch ein weiterer Anstieg der Todesrate zu befürchten. In Goma landeten in den vergangenen Tagen durchschnittlich hundert Flugzeuge mit Hilfsgütern.

Nach eintägiger Unterbrechung nahm die UNO am Samstag die Lebensmittelversorgung für Flüchtlinge in dem Lager Katale bei Goma wieder auf. UNO-Sprecher Panos Moumtzis erklärte, UNO-Vertreter hätten am Freitag abend auf einer Dringlichkeitssitzung mit zairischen Behörden vereinbart, zairische Soldaten, die nicht an den Hilfsbemühungen beteiligt seien, von dem Lager fernzuhalten.

Auslöser für die Einstellung der Nahrungsmittelverteilung war ein blutiger Zusammenstoß zwischen zairischen Soldaten und ruandischen Flüchtlingen am Freitag. Der Zusammenstoß war ein Indiz für die zunehmenden Spannungen zwischen Ruandern und zairischen Sicherheitskräften. Eine Bande von Soldaten, die die Flüchtlinge ausrauben wollten, hatte am Freitag morgen einen älteren Ruander erschossen und ein sechsjähriges Kind sowie zwei weitere Flüchtlinge verletzt. Am Donnerstag hatte eine Gruppe von Flüchtlingen einen zairischen Soldaten mit Macheten getötet, der Geld von ihnen erpressen wollte. Von der Unterbrechung der Lebensmittelhilfe im 65 Kilometer nördlich von Goma gelegenen Lager Katale waren 150.000 Ruander betroffen.

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