■ Mit afrikanischen Märkten auf du und du: (K)ein Binnenmarkt
Berlin (taz) – Auf dem afrikanischen Kontinent bemüht man sich um stärkere wirtschaftliche Integration. Um 70 Prozent sollen bis Ende Oktober die Zölle auf Fertigprodukte innerhalb der PTA, der Präferenzhandelszone der Länder des östlichen und südlichen Afrika, gesenkt werden. Dieser Schritt werde die Konkurrenzfähigkeit der regional gefertigten Güter gegenüber Importen aus Industrieländern erhöhen und so den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beflügeln. Meinte jedenfalls der sambische Industrie- und Handelsminister Dipak Patel am Freitag zum Auftakt der ersten Konferenz der Industrie- und Handelskammern der PTA-Länder in Lusaka.
Durch stärkeren Handel untereinander den Absatz der eigenen Unternehmen zu fördern und so der Abhängigkeit von den Industrieländern zu entkommen, das klingt erst einmal gut. Die 22 PTA-Länder wollen dazu sogar einen Gemeinsamen Markt gründen, COMESA genannt. Im November 1993 wurden bereits die Verträge dazu unterzeichnet. Die PTA-Länder – von Äthiopien über Mosambik bis zu den Seychellen – streben ganz analog zur EU den freien Austausch von Gütern, Arbeitskräften, Kapital und Dienstleistungen an.
Doch Skepsis ist angebracht. Afrikas Produkte ergänzen sich kaum. Die meisten Länder bieten Rohstoffe von Kaffee über Baumwolle bis zu Kupfer an, die nicht von anderen afrikanischen Staaten nachgefragt werden, sondern von den Industrieländern zur Weiterverarbeitung. Der innerafrikanische Handel beläuft sich auf nicht einmal fünf Prozent des gesamten Afrika-Handels. Verarbeitete Produkte, preiswert und in guter Qualität, die die afrikanischen Länder importieren müssen, können sie kaum in ihren Nachbarländern finden. Handelspartner sind vielmehr die alten Kolonialherren und die südostasiatischen Produzenten.
Die gesamte Infrastruktur der Region ist auf dieses Handelsmuster ausgerichtet. Die Verkehrsadern verbinden die Länder nicht untereinander, sondern führen von Rohstoffvorkommen oder Anbaugebieten zur Küste. Der friedliche Austausch wird außerdem oft durch die zahlreichen Kriege verhindert. Zu den PTA- Mitgliedern gehören auch Angola, Somalia und Ruanda.
Der Zollabbau wird sich daher wohl nur statistisch niederschlagen. Wo sich der Schmuggel zur Umgehung der Zollschranken nicht mehr lohnt, werden die offiziellen Handelszahlen in die Höhe schnellen. Nicola Liebert
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