■ Linsen Soufflé: 666: Der Name des Tiers ist Jack Nicholson
Erinnert Ihr Euch noch an das Gespräch mit einer halb verwesten Leiche in einem Pornokino am Picadilly-Circus in London? Genau! Die Szene ist eine der schönsten und witzigsten aus John Landis' famosem Monstermovie „An American Werewolf in London“. Zweifellos ist Landis' Film die beste Werwolfgeschichte, die je das Dunkel der Vorführräume erhellt hat. Nein, „Der Fluch von Siniestro“, „Wolfen“ und auch Neil Jordans „Die Zeit der Wölfe“ waren nicht besser. Ihnen allen fehlte nämlich das, was einen Horrorfilm erst richtig gut macht: der Humor. Während „American Werewolf“ in diesen Tagen seinen 13. Geburtstag feiert, hören wir allerdings das Heulen einer neuen Bestie, die dem Geburtstagskind an die Kehle gehen möchte. Der Name des Tiers: Jack Nicholson. Der Drehbuchautor von „Wolf“ (Start: 15.9.), Jim Harrison, hatte den dämonischen Jack schon im Kopf, während er schrieb, und Regisseur Mike Nichols bekennt: „Keiner von uns konnte sich diesen Film ohne Nicholson vorstellen, weil er ohnehin schon zur Hälfte Werwolf ist.“ Jack („Hier kommt Daaaddy!“) war von Anfang an begeistert. So wurde denn auch meist auf ausgeklügelte FX- Spielereien wie das berühmte flesh-stretching verzichtet, Nicholson verbringt die meiste Zeit als unhaariger Wolfsmensch und ist wirklich guuuut, wenn er seine Fangzähne in Michelle Pfeiffers niedlichen Barbie-Hals gräbt, was übrigens längst mal fällig war. Von der Handlung wird hier nichts weiter verraten, aber vielleicht ein kleiner Appetithappen? Also: Jack wurde gerade vom Wolf gebissen und ertappt sich dabei (Großaufnahme), wie er sehnsüchtig auf die Auslage einer Metzgerei starrt. Klasse! Leider landete diese Szene im Schneideraum auf dem Fußboden, ist also im Film nicht zu sehen. Aber wenn so eine tolle Idee schon rausgeschmissen wird...
Mike Nichols begann seine Karriere als Kabarettist, aber dann nahm sein Können eine Wende zum Düsteren, als er 1966 mit dem eisigen Psychodrama „Wer hat Angst vor Virginia Wolf?“ sein Debüt als Spielfilmregisseur gab. Es folgte „Die Reifeprüfung“, heute ebenfalls ein Klassiker, doch Nichols behauptet, daß er immer schon einen blutgetränkten Horrorstreifen inszenieren wollte. In dem Horrormagazin Fangoria sang er kürzlich ein Loblied auf die Schlachtplatten: „Das Genre hat keine Verteidigung nötig. Es ist essentiell, wirkungsvoll, wichtig für die Leute und sollte nicht mit irgendwelchem intellektuellen Mist angegriffen werden. Das Wundervolle am Horror ist, daß er endlos Vergnügen bereitet, während die Welt sich ständig verändert. Es gibt grundlegende, schreckliche Geschichten, die wir immer und immer wieder hören wollen. Ihre Variationen erfüllen uns mit Befriedigung und helfen uns, unser Leben ein bißchen besser zu verstehen. Wir werden der Geistergeschichten am Lagerfeuer niemals müde.“ Gut gebrüllt, Werwolf! Bleibt nur noch zu hoffen, daß John Landis endlich seine Lykantropie fortsetzt und „American Werewolf II“ herausbringt. Logisch wäre das, denn schließlich gehören silberne Kugeln nicht gerade zur Standardausrüstung von englischen Polizisten. Karl Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen