Jetzt geht nur noch Heiraten

■ Zweiter Asyl-Versuch scheiterte: Sozialleistungen erschlichen

Im September 1989 kam der Nigerianer Lanre T. zum ersten Mal nach Deutschland, diese Woche wird er zum zweiten Mal abgeschoben. Vergangene Woche wurde in Blumenthal vor dem Amtsgericht verhandelt, weil er den zweiten Asylantrag unter falschem Namen gestellt hatte und während der Bearbeitungszeit zu Unrecht Sozialhilfe bezogen hatte.

Nicht sein Asylantrag war also Gegenstand des Verfahrens, sondern die „erschlichenen Sozialleistungen“. Lanre T. leugnete all das gar nicht, aber „es gibt Gründe für mein Verhalten“, erklärte er dem Gericht.

Als Student habe er einige Artikel für die Uni-Zeitung geschrieben, die seinen Aussagen zufolge, StudentInnen-Unruhen auslösten. Die nigerianische Militärregierung schlug die Aufstände nieder, verhaftete ihn und seine Freunde und klagte sie an wegen Verrats. Während einige seiner Freunde gefoltert wurden, gelang es ihm, gegen Kaution freizukommen. Aus Angst vor einer erneuten Verhaftung flüchtete er nach Deutschland, wo er einen Asylantrag stellte, der dann im Februar 1991 abgelehnt wurde. Die Abschiebung nach Nigeria folgte drei Monate später.

Wegen des noch schwebenden Verfahrens wurde er dort gleich wieder eingesperrt. Seiner Familie sei es jedoch gelungen, ihn nach drei Monaten herauszuholen. Lanre T. versuchte dann seine Ausbildung fortzusetzen, mußte aber feststellen, daß die Uni ihn für zehn Jahre gesperrt hatte. Dazu kam, daß die Wiederaufnahme seines Verfahrens drohte. Nach anderthalb Jahren startete er deswegen einen zweiten Versuch, in Deutschland Asyl zu bekommen, diesmal mit einem falschen Paß, der ihn als Togoer auswies.

Da es für Togo zu der Zeit einen Abschiebestopp gab, hatte Lanre T. erstmal Ruhe. Er bekam einen Wohnplatz zugewiesen, den er zwar nie in Anspruch nahm, dessen Kosten ihm jetzt aber in Rechnung gestellt werden.

Aufgeflogen ist alles nur, weil er bei Freunden in Lesum war, als dort die Polizei auftauchte. Seine Papiere hielten der Überprüfung nicht stand und er kam in Haft. Dort ist er seit mittlerweile drei Monaten und weil gegen ihn ein Abschiebebefehl besteht, wird er dort auch bis zu seiner Abschiebung bleiben. Der Ausgang des Verfahrens wegen Erschleichung von Sozialleistungen - sechs Monate auf Bewährung - war somit nebensächlich. Das Urteil bekommt erst Bedeutung, falls Lanre T. nach Deutschland zurücckommt - was er vorhat. Dann aber ganz legal, seine deutsche Freundin will ihn heiraten und wird dafür nach Nigeria reisen. Danach kann er im Rahmen der Ehezusammenführung eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.

Aber erstmal ist völlig unklar, was ihn in Nigeria erwartet. Die neue Militärregierung hat alle demokratischen Bestrebungen zunichte gemacht. Die Ergebnisse der letzten Präsidentschaftswahl wurden annulliert, das Repräsentantenhaus aufgelöst und alle politischen Aktivitäten verboten. Lanre T. erklärte, er sei dort angeklagt wegen Verrats - aber das war ja in Blumenthal nicht Gegenstand der Verhandlung. kaz