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Neue Frist für Bosniens Serben

■ USA: Aufhebung des Waffenembargos gegen bosnische Regierung nicht vor Oktober

Genf (taz) – Die bosnischen Serben lassen die Zeit für sich arbeiten: Mit ihrer beharrlichen Ablehnung des Teilungsplans der internationalen Kontaktgruppe haben sie einen weiteren diplomatischen Erfolg errungen. Denn die von den USA, Rußland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland ursprünglich einmal „ultimativ“ zum 20. Juli gesetzte Frist zur Annahme des Plans ist erneut verlängert worden – möglicherweise bis Ende Oktober. Erst nach dem 15. Oktober will die US-Regierung dem Weltsicherheitsrat einen Antrag zur Aufhebung des Waffenembargos gegen die bosnische Regierung vorlegen.

Auch über eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Serbien und die Ausweitung der Sperrzonen für schwere Waffen auf weitere bosnische Städte (neben Sarajevo und Goražde) will der Sicherheitsrat jetzt erst frühestens Anfang September beraten – diese Maßnahmen waren bereits am 30. Juli angekündigt worden.

Sollten die bosnischen Serben dem Teilungsplan bis zum 15. Oktober nicht zustimmen, werde seine Administration dem Sicherheitsrat „innerhalb von zwei Wochen“ einen Resolutionsentwurf über die Aufhebung des Waffenembargos gegen die Regierung in Sarajevo zuleiten, hatte US-Präsident Clinton am Mittwoch in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Streitkräfteausschusses im Senat, Nunn, mitgeteilt. Frankreichs Außenminister Alain Juppé erklärte, sein Land werde sich einer Aufhebung des Embargos „nicht widersetzen“. Sein britischer Amtskollege ließ mitteilen, ein solcher Beschluß werde „nicht am Veto Londons scheitern“.

Die Unprofor in Bosnien arbeitet nach Auskunft ihres Oberkommandierenden General Rose für den Fall eine Embargo- Aufhebung bereits Abzugspläne aus. Falls der Sicherheitsrat dies jedoch ablehnen sollte, erwägt Clinton eine einseitige Aufhebung durch die USA. Allerdings würde ein Alleingang Washingtons das Verhältnis zu Rußland und den „westeuropäischen Verbündeten“ nach Meinung Clintons erheblich belasten und den derzeitigen von der Kontaktgruppe betriebenen „Verhandlungsprozeß“ beenden. Der US- Senat unterstützte die Erklärung des Präsidenten.

Beim letzten Treffen am 30. Juli in Genf hatten die Kontaktgruppen-Außenminister eine Aufhebung des Waffenembargos als „letzte Zuflucht“ bezeichnet, die „unvermeidlich“ werden könne, sollten die anderen damals angekündigten Maßnahmen die bosnischen Serben nicht zur Annahme des Teilungsplans bewegen.

Weil sich Rußland jetzt gegen die Verabschiedung einer Resolution zur Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Serbien sperrt, hat der Sicherheitsrat dies noch nicht beschlossen, obwohl die Außenminister es zuvor angekündigt hatten. Der Sprecher von Außenminister Kosyrew forderte am Mittwoch sogar die sofortige Aufhebung der bestehenden Wirtschaftssanktionen gegen Serbien. Nach der inzwischen erfolgten „Einstellung der Militärhilfe Serbiens an die bosnischen Serben“ sei die Aufrechterhaltung der Sanktionen „unlogisch und unproduktiv“.

Die Beratungen des Sicherheitsrates über die Resolution zur Verschärfung der Sanktionen wurden zunächst auf die Zeit nach dem Referendum der bosnischen Serben über den Teilungsplan am 27./28. August verschoben. Für eine Resolution zur Ausweitung der Ausschlußzonen für schwere Waffen auf weitere Städte, die laut US-Außenminister Christopher „Ende August“ im Sicherheitsrat verabschiedet werden soll, gibt es bislang noch nicht einmal einen Entwurf. Andreas Zumach

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