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Sri Lankas Opposition im Aufwind

■ Heute wird in Sri Lanka ein neues Parlament gewählt / Politstar Chandrika Kumaratunga fordert Präsident Wijetunga heraus, dessen Partei 17 Jahre regierte

Delhi (taz) – Nach kurzem und heftigem Wahlkampf stimmen die WählerInnen Sri Lankas heute über ein neues Parlament ab. Für die kurze Frist von fünf Wochen war Präsident D.B. Wijetunga verantwortlich, als er zur Überraschung selbst seiner Partei im Juli einen um sechs Monate vorgezogenen Urnengang verordnete. Die Intensität des Wahlkampfes dagegen war Chandrika Kumaratunga von der Sri Lanka Freedom Party (SLFP) zu verdanken. Die Tochter der ehemaligen Ministerpräsidentin Sirimavo Bandaranaike war bereits bei den Provinzwahlen im letzten Jahr als aufgehender Politstern aufgefallen, neben der die kranke Parteipräsidentin zunehmend zurücktrat.

Der Sieg ihrer Partei brachte ihr den Sessel der Chefministerin in der wichtigen Westregion, mit der Hauptstadt Colombo, ein. Auch der laufende Wahlkampf war weitgehend von Chandrikas Persönlichkeit geprägt. Ihre Veranstaltungen zogen viel mehr Zuhörer an als jene von Präsident Wijetunga und Frau Bandaranaike, die beide über siebzig Jahre alt sind. Mitten im Wahlkampf zog die Parteichefin die Konsequenz und kündigte an, daß im Fall eines Sieges der SLFP ihre Tochter die Parteikandidatin für die Ministerpräsidentschaft sein würde.

Damit sprang Frau Bandaranaike nicht nur über den Schatten ihrer immer noch wachen Ambitionen, sie offenbarte damit auch die längerfristige Strategie der Partei: Falls die SLFP die Parlamentswahl vom 16. August gewinnen sollte, dann stehen die Chancen gut, daß sie in der Präsidentenwahl vom November die seit siebzehn Jahren regierende United National Party (UNP) ebenfalls schlagen wird. Das würde den Präsidentenstuhl für Frau Bandaranaike senior freimachen. Die gegenwärtige Machtfülle des Präsidenten soll dann, wenn es nach dem Wahlmanifest der SLFP geht, in die Hände der Ministerpräsidentin übergehen. Allerdings bedarf dieser Wechsel vom präsidialen zu einem parlamentarischen System einer Verfassungsänderung mit Zweidrittelmehrheit im Parlament, gefolgt von einem Referendum.

In der letzten Woche sah sich Chandrika Kumaratunga gezwungen, eine Reihe von Ansprachen abzusagen. Die übliche Angstmacherei, ließ sie verlauten, sei inzwischen durch konkrete Drohungen gegen ihr Leben ersetzt worden, die sie ernstnehmen müsse. Die Autoren dieser Drohungen werden in den Reihen der LTTE vermutet. Das Motiv der LTTE könnte die Wahlallianz sein, welche die SLFP mit gemäßigten Tamilenparteien und der Muslim- Partei im Rahmen einer „Volksallianz“ von acht Parteien eingegangen ist. Aber auch die UNP hat ähnliche Wahlabsprachen getroffen, und die Haltung der SLFP in der Tamilenfrage unterscheidet sich – besonders seit Wijetungas Amtsantritt – kaum von jener der Regierungspartei; Chandrika Kumaratunga ist viel weniger von singhalesisch-buddhistischem Chauvinismus geprägt als ihre Mutter, und sie hat seit Jahren gute Kontakte zu LTTE-Kadern im Ausland. Die Einschüchterungskampagne gegen den SLFP-Star, so munkelt man in der Partei, hat daher andere Urheber als die LTTE: sie stammt von der Regierungspartei selber, die mit allen Mitteln eine Wahlniederlage zu verhindern sucht. Bernard Imhasly

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