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Deckert-Richter dauernd krankheitsbedingt verhindert

■ Amtsentbindung stößt auf geteiltes Echo

Bonn/Mannheim (dpa) – Das Präsidium des Landgerichts Mannheim hat am Montag abend den im Fall Günter Deckert verantwortlichen Vorsitzenden Richter Wolfgang Müller von seinem Amt entbunden. Der bisherige Berichterstatter der Strafkammer, Rainer Orlet, übernimmt einen anderen Posten. Beide Personalentscheidungen wurden mit „dauernder krankheitsbedingter Verhinderung“ der beiden Richter begründet.

Diese Ablösung wird im Deutschen Richterbund unterschiedlich bewertet. Während der Vorsitzende der Standesorganisation, Rainer Voss, die Entscheidung des Mannheimer Gerichtspräsidiums gestern kritisierte, begrüßte sein Stellvertreter Victor Weber das Vorgehen.

Voss stellte sich die Frage, ob mit der raschen Versetzung unter dem Druck der Öffentlichkeit nicht zuviel des Guten getan worden sei. Natürlich sei die Urteilsbegründung schlimm, doch sei die richterliche Unabhängigkeit ein hohes Gut. Dagegen bezeichnete Weber die Konsequenzen des Gerichtspräsidiums als richtig. Die Justiz habe durch die Formulierungen der beiden Richter in der Urteilsbegründung Schaden genommen.

Die Vorstandssprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen, Marianne Birthler, nannte die Ablösung aus Krankheitsgründen „reinen Hohn“. Damit sei der Schaden, den das Urteil von Mannheim angerichtet habe, nicht aus der Welt.

Die Strafkammer hatte Deckert wegen Volksverhetzung zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, ihn in der Begründung aber als charakterstarke Persönlichkeit gewürdigt. Müller hatte in einer Erklärung die „weltweite Erregung“ über Teile der Urteilsbegründung bedauert. Aus den Urteilsgründen, wie die Kammer sie verstanden habe, sei aber keine Billigung der Einstellung Deckerts abzuleiten. Dagegen hatte Orlet die Urteilsbegründung in einem Interview als „in Ordnung“ bezeichnet. Gegen das Mannheimer Urteil haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung Revision eingelegt. Seite 5

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