Ausländerbeauftragte degradiert

■ Senat: Senatorin macht Politik, Ausländerbeauftragte soll sich um „Anliegen“ kümmern

Am Dienstag hatte die Ferien-Runde des Senats mit 4:1:1 beschlossen, was die Senatorin für Ausländerintegration, Helga Trüpel, seit Wochen durchzusetzen versucht: Die senatorische Abteilung für Ausländerintegrations-Politik wird mit vier Stellen ausgestattet. Der Ausländerbeauftragten verbleiben dann für ihre Arbeit noch viereinhalb Stellen inklusive ihrer eigenen und der ihrer Sekretärin. Die Ausländerbeauftragte soll sich auf eine „Ombuds-Funktion“ konzentrieren und Anlaufstelle für Zugewandete sein, „Antidiskriminierungsstelle“. Die bisherigen Räume sind gekündigt, Lill zieht unter das Dach der Senatorin - ihre Funktion als Abteilungsleiterin wird ihr genommen.

„Ich bin überrascht worden“, räumte Bremens Ausländerbeauftragte Dagmar Lill gestern mittag ein. Daß der Senat den Streit so eindeutig zugunsten der Senatorin entscheiden würde, darauf war sie nicht vorbereitet.

.Noch vor wenigen Wochen hatte Lill erklärt, mit insgesamt 4,5 Stellen könnte die anstehende Arbeit nicht verantwortlich bewältigt werden. Dies war als indirekte Drohung mit einem Rücktritt verstanden worden. Gestern wollte sie sich aber auf keine Reaktion festlegen, zumal sie den förmlichen Text des Senatsbeschlusses nicht kenne. Dort steht auch, daß sie der „Dienst- und Fachaufsicht“ der Senatorin unterstehen soll und nur von der Senatorin über alle sie betreffenden Angelegenheiten informiert werden soll. „Das ist völlig neu und eine neue Konzeption meiner Arbeit“, meinte Dagmar Lill. Bisher hatte sie automatisch von allen Senatsressorts die Entscheidungsvorlagen bekommen und als „Beauftragte“ eine von der Senatorin politisch unabhängigere Position gehabt.

Gegen eine Verfügung, mit der die Senatorin vor Wochen im ersten Anlauf ihre Position durchsetzen wollte, hatte Lill Widerspruch eingelegt, nun will sie warten, so erklärte sie der taz, bis der Widerspruch von der Senatskommission für das Personalwesen (SKP) beschieden wird - „eine Art Gutachten über die notwendige Ausstattung für diese Arbeit hier“. Der für die SKP zuständige Senator ist Manfred Fluß (SPD). Und von dem kam die Gegenstimme im Senat gegen Senatorin Trüpel, weiß Lill (SPD).

Da scheint sie sich aber ziemlich verrechnet zu haben. Schon im Vorfeld der Senatsbefassung hatte der SPD-Landesvorstand kein Interesse signalisiert, der Ausländerbeauftragten unter übergeordneten Gesichtspunkten unter die Arme zu greifen. Und Fluß hat aus ganz anderen Gründen gegen die Beschlußvorlage der Senatorin für Ausländerintegration gestimmt: Er ist aus grundsätzlichen Erwägungen gegen das „Beauftragtenwesen“, das weder der Exekutive noch der Legislative klar zuzuordnen sei. Da es keine eigene Rechtsgrundlage für die Ausländerbeauftragte gibt - vergleichbar dem Datenschutzbeauftragten - sei völlig klar, daß sie eine „weisungsgebun-dene Beamtin, die dem Senat unterstellt ist“, sei - voll zu integrieren in die Behördenstruktur der Senatorin Trüpel und ohne jegliche Freiräume, berechtigte Belange der Zugewanderten anders zu vertreten als die Senatorin selbst. Im Grunde, so Fluß, sei es nur folgerichtig, die jeweilige „Beauftragte“ abzuschaffen, wenn es eine Ressortzuständigkeit gebe - das gelte für die Frauenbeauftragte genauso wie für die Ausländerbeauftragte.

In diesem Punkt spricht er nur den heimlichen Wunsch der Senatorin für Ausländerintegration aus. Für eine ideale Lösung hält sie die Aufteilung der 8,5 Stellen - vier Senatsabteilung, vier Ausländerbeauftragte - nicht. „Nach der nächsten Wahl muß man dieses Problem durch einen politischen Beschluß in den Koalitionsverhandlungen besser lösen“, meinte Trüpel. Nur bis dahin gebe es keine bessere Lösung, denn: „Frau Lill hat ihre Arbeit als Abteilungsleiterin nicht gemacht.“

Daß Lill ausgerechnet von der dem Finanzsenator Fluß zugeordneten SKP doch noch mehr Einfluß und Stellen zugesprochen bekommt, scheint aussichtslos. Fluß selbst will auf ein Verfahren bei der SKP keinerlei Einfluß nehmen. Allein: Es gibt überhaupt kein Widerspruchsverfahren. Denn ihr „Widerspruch“ richtete sich gegen die alte Verfügung der Senatorin Trüpel, die durch den Senatsbeschluß überflüssig wird. Wenn die Senatorin ihre Verfügung nun zurücknimmt, dann wird der Widerspruch dagegen gegenstandslos und wandert zum Altpapier - Lill hofft vergeblich auf eine Stellungnahme der SKP.

K.W. / Fotos: Wolff, Heddinga