piwik no script img

Bezirke laufen Sturm gegen Landesschulamt

■ Stadträte bezeichnen Senatspläne für zentrale Behörde als „Kriegserklärung“

Der Plan des Senats, zum 1. Januar 1995 ein zentrales Landesschulamt einzurichten, wird von den Bezirken entschieden abgelehnt. In einer gestern veröffentlichten Resolution forderten die Bezirkspolitiker das Abgeordnetenhaus auf, den Entwurf abzulehnen. „Das geplante Landesschulamt ist eine Kriegserklärung an die Bezirke“, wetterte gestern der Kreuzberger Stadtrat für Volksbildung, Dirk Jordan (Grüne). Die Entscheidung, die Schulaufsicht in einer zentralen Behörde zu bündeln, widerspräche diametral den Forderungen und Hoffnungen, die sich an die Verwaltungsreform knüpften, eine bürgernahe und demokratiefreundliche Verwaltung zu schaffen, so Jordan.

Auch Marianne Tietze, Stadträtin für Bildung und Kultur in Friedrichshain, sagte, „diese Mammutbehörde konterkariert die Verwaltungsreform mit ihrer Forderung nach mehr Bürgernähe“. Der Löwenanteil ihrer Arbeitszeit bestehe darin, in Gesprächen mit Eltern, Schülern und Lehrern zu versuchen, Lösungen für die vielfältigen Probleme zu finden. „Wer kann das in einer solchen Behörde, wie es ein zentrales Landesschulamt sein wird, leisten? Niemand.“ Allein die „Verwaltung“ von mehr als 30.000 Lehrern und Lehrerinnen sowie rund 200.000 Schülern werde Problemlösungen nur vom grünen Tisch aus zulassen, ohne daß die Betroffenen überhaupt angehört werden können. Denn auch die Arbeit sämtlicher bezirklicher Gremien wie Elternausschuß, Schulkonferenz etc. wäre von einem Tag auf den anderen nicht mehr gefragt, kritisierte Stadträtin Barbara Teuber von Prenzlauer Berg.

Es sei unverantwortlich, innerhalb eines halben Jahres eine solche Behörde „aus dem Boden zu stampfen“. „Das wird – noch dazu mitten im Schuljahr – ein gewaltiges Tohuwabohu geben.“ Allein die notwendigen Gesetzesänderungen in dieser kurzen Zeit durchs Abgeordentenhaus „zu pauken“ sei fragwürdig, so meinte Tietze.

Ein Vorschlag des Rates der Bürgermeister (RdB) im vergangenen Jahr, gemeinsam mit dem Senat über eine effektivere Verwaltungsarbeit nachzudenken, sei vom Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) abgelehnt worden. Nun habe er es im geheimen gemacht, kritisierte der Volksbildungsstadt von Mitte, Dankward Brinksmeier (SPD). Noch Anfang Juli dieses Jahres hatte die SPD auf ihrem Landesparteitag beschlossen, mit ihr werde es kein zentrales Landesschulamt geben. Um so überraschender war es dann, daß anderthalb Wochen später auf der Klausurtagung des Senats zum Doppelhaushalt 95/96 das Gegenteil beschlossen wurde. „Dieser Beschluß ist ein Staatsstreich“, so Brinksmeier.

Michael Beer von der Senatsschulverwaltung sagte dagegen, die Lehrerversetzung zwischen den Bezirken könne durch eine zentrale Behörde effizienter gehandhabt werden. Brinksmeier widersprach, ein computergesteuertes Lehrerinformationssystem könne dies genauso schnell lösen. Es sei zu befürchten, daß die absehbaren Personaleinsparungen die nichtverbeamteten Mitarbeiter aus dem Ostteil der Stadt überproportional treffen werden. Michaela Eck

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen