: Teaparty im Freihafen
Ökologisch orientierter und zugleich gerechter Handel zwischen Erster und Dritter Welt, eine Fata Morgana ? Anhand der Ware Tee versucht sich das Berliner Unternehmen „Teekampagne“ mit diesem schwierigen Spagat und hat damit erstaunlichen Erfolg. In der bundesdeutschen Teebranche verfolgt man dieses allerdings mit Argwohn und großen Anfeindungen.
Im Hamburger Freihafen trafen sich Conrad Bölicke-Steffens, Sprecher der Teekampagne, und die Hamburger Teehändler Bernd Wulf, seit 44 Jahren im Geschäft, Marcus Wulf und Thomas Holz zum Streitgespräch. Diskutiert wurde über unterschiedliche Handelsphilosophien und „gerechten Handel“ einerseits, über „guten“ Tee, Chemieeinsatz, Pestizidrückstände und heikle Grenzwerte andererseits. Seitdem bei der Marke „Darjeeling Gold“ vom Düsseldorfer Marktführer Teekanne und, verkehrte Welt, bei einem Produkt des alternativen Anbieters Ökotopia das Pestizid „Tetradifon“ oberhalb der zulässigen Grenzwerte nachgewiesen wurde, herrscht helle Aufregung in diesem eher beschaulichen Lebensmittelsegment. Während die großen Marktstrategen – und allen voran der deutsche Teeverband – die „leidige Pestiziddiskussion“ als eine lästige PR-Veranstaltung betrachten, sieht sich der Marktneuling Projektwerkstatt Teekampagne bestätigt: Denn seit Beginn ihrer Handelsaktivitäten im Jahre 1985 klebt die GmbH ein Siegel auf ihre Teepackungen, auf dem für den Verbraucher die Pestizid-Rückstände aufgelistet sind.
Bei der offenen Deklaration ist für die Teekampagne die strikte Einhaltung der aktuellen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen oberste Maxime. Der traditionelle Teehandel ist verunsichert, denn plötzlich ist ihr Tee, der nicht auf einzelne Rückstände untersucht wird, potentiell – was die gesundheitlichen Aspekte anbelangt – in Frage gestellt. Wenn die Rückstandsdiskussion weiterhin so geführt wird wie bisher, fürchtet die Branche langfristig Umsatzeinbußen.
Zwar beteuert der Vorsitzende des Tee-Einfuhr-Verbandes und des Fachgroßhandels, Olav C. Ellerbrock, die absolute Ungefährlichkeit des Teegenusses, doch was haben Pestizide in Lebensmitteln zu suchen? Indes wirft der Sprecher der Teekampagne, Bölicke-Steffens, dem althergebrachten Teehandel vor, eine ernsthafte Ökologisierung der Produktion zu blockieren.
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