: Auf absteigendem Ast
■ Ulmensterben in Bremen: Wenn der Pilz auf dem Käfer in den Baum reitet
In Bremen und umzu sieht man zur Zeit immer mehr tote Ulmen. Sie sterben so schnell und in einem Ausmaß, wie noch nie. Zu dem Ergebnis kommt auch eine vom Gartenbauamt in Auftrag gegebene Studie zum Ulmensterben in Bremen, die gerade fertiggestellt wurde. Burghard Hauschild, kommissarischer Abteilungsleiter des Gartenbauamtes, hatte die Studie angefordert, weil er wissen wollte, wie es um die Bremer Ulmen steht, und ob es sich lohnt weitere anzupflanzen.
Die Ulmen sterben, und Schuld ist der ceratocystis ulmi. Der Pilz hockt sich einfach beim Ulmen-splintkäfer auf den Rücken und reitet so ins Innere des Baumes. Dort breitet er dann seine Pilzfäden, das Myzel, in den Wasserleitungsbahnen aus. Die Folge: Die Versorgungsadern verstopfen und die Ulme verdurstet. Hilfe ist nicht in Sicht. Eine Behandlung der befallenen Bäume ist bis heute nicht möglich. Es ist zu befürchten, daß die Ulmen über kurz oder lang aussterben.
Gefördert wird diese Entwicklung durch den extrem trockenen Sommer. Die Bäume sind sowieso schon nicht optimal mit Wasser versorgt und wenn sich dann noch ein ceratocystis ulmi in die Leitung hockt, dann ist es ganz vorbei mit der Berg-, Feld- und Flatterulme.
Dazu kommt, daß die befallenen Bäume versuchen, sich gegen die Eindringlinge zu schützen und mit „Tüllenbildung und Gummiausschüttung“ reagieren. Ein glatter Selbstmord, denn damit verstopfen die Leitungen nur noch schneller.
„Bei Neuzüchtungen versucht man diesen Schutzmechanismus besser zu regeln, damit nicht immer gleich alle Leitungen verstopft werden, sondern nur ein Teil“, erzählt Dr. Jörg Linke vom Institut für Forstbotanik in Göttingen. Besonders weit ist man damit allerdings noch nicht gediehen. Die Ulme stirbt weiter. Es ist also zu befürchten, daß kommende Generationen die Ulme nur noch in Baumzoos bewundern können.
In Holland wird bereits seit 20 Jahren an einer resistenten Ulmenart geforscht, aber bis jetzt ist die Ulmus hollandica doch noch nicht so resistent, wie erhofft. „Wir haben bis jetzt immer noch Ulmen gepflanzt, weil behauptet wurde, die Krankheit geht zurück. Und wir haben Sorten genommen, von denen uns gesagt wurde, sie seien resistent“, sagt Hauschild. Daß letzteres nicht stimmt, hat er jetzt schwarz auf weiß.
Zuerst werden die Blätter an den äußeren Zweigen nicht mehr richtig versorgt und verdorren. Nach wenigen Monaten wird die Krone erkennbar lichter und dann ist es auch schon zu spät. Die einzig mögliche Behandlung besteht im Absägen der befallenen Äste und das hat nur Erfolg, wenn nicht mehr als zehn Prozent der Krone krank ist. Befindet sich der Baum im „fortgeschrittenen Krankheitsstadium“, empfiehlt der Gutachter umgehendes Fällen mit anschließendem Verbrennen, um die umstehenden Bäume zu schützen.
In Bremen muß das Gartenbauamt die abgestorbenen Ulmen zum Teil wegen Personal- und Geldmangel bis zum Winter stehenlassen. Hauschild schätzt, daß in den öffentlichen Grünanlagen circa 340 Ulmen betroffen sind. Wieviele krank in privaten Gärten stehen, kann niemand sagen, da Bäume keiner Meldepflicht unterliegen.
Auch die Ulmen im Bürgerpark hat es erwischt. Von den 200 Ulmen ist bereits knapp die Hälfte vom ceratocystis ulmi heimgesucht. Da dort jedoch viele der stattlichen Bäume einzeln stehen, gibt es Hoffnung, daß sich die Krankheit nicht so schnell verbreitet. Ansonsten setzt man in der Bürgerparksdirektion ganz auf die Evolution. „Wir machen da nicht viel“, sagt Hilmar Schwier, Vertreter des Bürgerparkdirektors.“Das geht nach dem Motto - nur die Stärksten kommen durch.“
Gudrun Kaatz
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