: Blockaden gegen Untätigkeit
Wegen fehlender bundesweiter Sommersmogverordnung legten Umweltschützer gestern in mehreren Städten den Verkehr lahm / FDP: „Nötigung“ ■ Von Dirk Wildt
Berlin (taz) – Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat gestern gemeinsam mit Umweltverbänden und Initiativen in 12 Städten Aktionen durchgeführt, um gegen die halbherzige Ozonpolitik von Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) zu protestieren. Dabei kam es in mehreren Städten auch zu Straßenblockaden. In Göttingen und dem Berliner Bezirk Kreuzberg stoppten Mitglieder des BUND, des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), von Bündnis90/Die Grünen und örtlicher Initiativen den Autoverkehr länger als eine halbe Stunde. In Kiel, Hamburg, Saarbrücken und Ludwigsburg wurden Kreuzungen für eine Viertelstunde besetzt, berichtete gestern Klaus-Peter Weiner vom BUND in Bonn.
Bei einer Aktion an der Berliner Gedächtniskirche warf BUND-Landesgeschäftsführer Stefan Bundscherer der Bundesregierung und dem Berliner Senat „an Körperverletzung grenzende Untätigkeit“ vor. Statt die Gesundheit der Bürger zu schützen, müßten diese an heißen Sommertagen Türen und Fenster schließen. In Berlin, so Bundscherer, stiegen die Konzentrationen des Reizgases Ozon an etwa 100 Tagen im Jahr auf gesundheitlich bedenkliche Werte. Die Folgen seien eine starke Zunahme von Atemwegserkrankungen und eine höhere Allergieanfälligkeit vor allem bei Kindern.
Der BUND fordert eine bundesweite und wirkungsvolle Sommersmogverordnung sowie in Ballungszentren und Städten eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30. Auf Autobahnen soll nur noch Tempo 100 gefahren werden.
Töpfers Staatssekretär Clemens Stroetmann wies die Forderungen bereits am Donnerstag entschieden zurück. Blanke Polemik trage nicht zur Verminderung der Ozonbelastung bei, sagte der Bonner Politiker. Eine Entlastung könnte nur durch dauerhafte und langfristige Maßnahmen an den Schadstoffquellen herbeigeführt werden. Der FDP-Bundestagsabgeordneter Ekkehard Gries verurteilte die Straßenblockaden als „klare Nötigung“.
Sein Kollege von der CSU, Eduard Oswald, warf dem BUND sogar vor, „den Boden der Rechtsordnung zu verlassen“. BUND- Sprecher Weiner konterte: „Wir setzen uns doch gerade für eine Rechtsordnung gegen Sommersmog ein.“
Eltern klagen wegen zu hoher Ozonbelastung
Frankfurt (AP/taz) – Mit einer Musterklage soll das Land Hessen zu massiven Verkehrseinschränkungen bei hohen Ozonbelastungen gezwungen werden. Gestern kündigte ein Anwalt von drei Frankfurter Eltern und einer Radfahrerin an, auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung die Behörden zu verklagen. Anfang August hatten die Kläger beim Frankfurter Oberbürgermeister und dem hessischen Verkehrsministerium Anträge auf Verkehrsbeschränkungen eingereicht – jedoch ohne Erfolg.
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