: Elektrosmog ist nicht so harmlos wie gedacht
■ Bayerische Staatsregierung schließt nach TÜV-Gutachten Leukämie durch Elektrosmog nicht mehr aus / „Öko-Test“ warnt vor Mobiltelefonen
Nürnberg (AP) – Das bayerische Umweltministerium schließt Leukämieerkrankungen als Folge von Elektrosmog nicht mehr aus. Als erstes Bundesland will der Freistaat Menschen, die im Umkreis von Hochspannungsleitungen leben, unter Beobachtung stellen. Staatssekretärin Christl Schweder hat gestern in Nürnberg ein Gutachten vorgestellt, das eine solche Studie nach ihrer Ansicht „dringend notwendig“ macht.
In dem Gutachten, das vom TÜV Bayern/Sachsen und der Deutschen Aerospace (Dasa) erarbeitet wurde, schlagen die Experten auch eine Überprüfung der elektromagnetischen Strahlung am Münchener Flughafen vor. Schweder wies darauf hin, daß die Frage, ob Elektrosmog in der Nähe von Hochspannungsleitungen Leukämie verursachen könne, nicht geklärt sei. Angesichts der lückenhaften Daten lasse sich das Auftreten möglicher Spätwirkungen jedoch nicht prinzipiell ausschließen.
Mit Elektrosmog wird die Einwirkung von elektrischen und magnetischen Kraftfeldern auf den Menschen bezeichnet. Solche Felder treten im Alltag in der Nähe von Hochspannungsleitungen, beim Betreiben von Haushaltsgeräten und Mobilfunktelefonen auf.
Das Bundesamt für Strahlenschutz und die Deutsche Strahlenschutzkommission beim Bundesumweltministerium hätten bisher keinen Zusammenhang zwischen Elektrosmog und Krebs oder Elektrosensibilität wie Kopfschmerzen, Nervosität und Allergien nachweisen können, berichtete die CSU-Politikerin weiter. In ausgewählten Orten in Bayern soll nach Auskunft Schweders künftig geprüft werden, welche Kurz- und Langzeitfolgen das Wohnen in der Nähe von Hochspannungsleitungen auf die Gesundheit hat. Ziel der Untersuchungen sei es, die tatsächlichen Belastungen zu erkennen und die Bauplanungen der Gemeinden entsprechend zu verändern. Eine umstrittene schwedische Studie hatte im Herbst 1992 bei unter Hochspannungsleitungen lebenden Kindern ein erhöhtes Leukämierisiko festgestellt. Hochspannungsleitungen bilden wie Haushaltsgeräte und Computer niederfrequente Felder mit bis zu 30 Kilohertz. Diese Felder erzeugen im menschlichen Körper Ströme. Hochfrequente Felder dagegen, wie sie von Mobilfunkgeräten des D-Netzes, Radio- und Radarsendern ausgehen, wandeln die eingestrahlte Energie in Wärme um.
Benutzer von Funktelefonen im D-Netz und Personen, die sich in ihrer Nähe aufhalten, müssen nach Erkenntnissen des Umweltmagazins Öko-Test mit Gesundheitsschäden rechnen. Noch in Abständen bis zu 90 Metern gingen Strahlungsstärken von den Handys aus, die Veränderungen der Gehirnströme auslösen könnten, berichtete das Blatt gestern vorab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen