: Bei Anruf: Elektrosmog
■ Wer zum Funktelefon greift, setzt sich starker elektromagnetischer Strahlung aus / ÖKO-TEST veröffentlicht die weltweit erste Untersuchung
Es soll ja cool sein, wenn man in der Kneipe oder auf dem Tennisplatz angerufen wird. Doch das Telefonieren mit einem Handy kann gefährlich werden. ÖKO-TEST ließ neun Funktelefone des D-Netzes prüfen. Vom Gebrauch aller Geräte kann das Verbrauchermagazin nur abraten.
Dabei geht es den Öko-Testern weniger um die - manchmal recht erheiternden Begleiterscheinungen, die die Benutzer von Funktelefonen verzeichnen: So schnellte einem jungen Mann beim Gebrauch des Autotelefons der Airbag entgegen. Das Problem heißt vielmehr „Elektrosmog“, weil die Funktelefone kabellos senden. Das heißt, sie schicken hochfrequente elektromagnetische Strahlungen in den „Äther“, während die Informationsübertragung im normalen Telefonnetz über Kupfer- und Glasfaserkabel erfolgt, die im Boden liegen.
Insbesondere an den Antennen der Funktelefone können Strahlungsintensitäten auftreten, die selbst die bundesdeutschen Grenzwerte um ein Vielfaches übersteigen.
ÖKO-TEST fand heraus, daß die D-Netz-Geräte Strahlungsintensitäten erzeugen, die bis zu zehntausendfach über den Werten liegen, die in wissenschaftlichen Arbeiten als problematisch erkannt wurden. Selbst in 90 Meter Entfernung zur Antenne waren noch kritische Werte nachweisbar.
Hochfrequente elektromagnetische Strahlungen sind problematisch, da sie zu Temperaturerhöhungen im Körper führen. Bei Männern können sie Sterilität bewirken. In hohen Dosen kann es sogar zu schweren inneren Verbrennungen kommen. Außerdem sind Herzinfarkte bekannt geworden.
Dazu kommt ein weiteres Problem. In den neueren D- und E-Netzen erfolgt die Informationsübertragung digital. Das heißt, die Sprachsignale werden 217mal in der Sekunde zerhackt. Diese „Pulsung“ kann die Informationen mit wenig Leistung über weite Entfernungen transportieren. Doch dies soll zusätzliche Probleme verursachen.
So stellte der Lübecker Medizinphysiker Dr. Lebrecht von Klitzing fest, daß D-Netz-typische Signale Veränderungen im EEG verursachen. Der Wissenschaftler sah bei etwa 70 Prozent seiner freiwilligen Probanden sogenannte „Peaks“ im EEG. Das Erstaunliche: Die Veränderungen der Hirnströme waren noch länger als 24 Stunden nach Abschaltung der Strahlung nachweisbar.
Zwei Wissenschaftler der Psychiatrischen Klinik der Universität Mainz haben weitere Reaktionen beobachtet. Als ein D-Netz-Gerät eine Nacht lang neben den Probanden sendete, verkürzten sich beispielsweise die sogenannten REM-Anteile, die Zeiten des intensiven Träumens. „Möglicherweise können diese Effekte mit Veränderungen im Erinnerungs- und Lernvermögen in Verbindung gebracht werden“, schreiben die Mainzer Fachleute in der amerikanischen Fachzeitschrift Micro Wave News.
Der eigentliche Skandal: Weder die Hersteller von Funktelefonen noch die bundesdeutschen Netzbetreiber können bisher Untersuchungen vorlegen, die die Unbedenklichkeit der D-Netz-Telefone belegen.
In den USA, wo die Gesetze viel strenger sind, gibt es gar keinen digitalen Mobilfunk. Weil zu viele Indizien gegen diese Art der Informationsübertragung sprechen, wird weiterhin nach der veralteten analogen Technik telefoniert.
Regine Cejka
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