„Dann machen wir jetzt Liebe und dabei tötest du mich“

■ Tötung auf Verlangen? 39jähriger gibt an, seine Freundin auf deren Wunsch erdrosselt zu haben

„Ich habe sie getötet, aber ich bin kein Mörder.“ Energisch meldet sich der Angeklagte zu Wort, nachdem Staatsanwältin Kerstin Uffenwasser die Mordanklage verlesen hat. Der 39jährige Dieter Wolfgang D., der sich seit gestern vor dem Landgericht verantworten muß, gibt vielmehr an, seine Freundin Gabriela N. am 7. Dezember vorigen Jahres auf Wunsch erdrosselt zu haben. Also Tod auf Verlangen?

Dieter Wolfgang D. stammt aus Brandenburg, ist arbeitsloser Dreher - ein schlichter, unauffälliger Typ. Im September 1993 lernte er nach eigenen Angaben die 37jährige Schauspielerin Gabriela N. kennen - auch sie ohne Job. Er zog zu ihr nach Uhlenhorst. D.: „Das Verhältnis war eigentlich nicht schlecht.“ Nur wenn sie stark getrunken habe, sei sie manchmal aggressiv geworden. „Wir haben uns oft auseinandergesetzt wegen der Trinkerei“, erzählt D. Doch wenn sie - kurz - abstinent war, habe sie Atembeschwerden bekommen. D.: „Sie brauchte eine Flasche Apfelkorn als Grundstein am Tag.“

Zudem habe sie gelegentlich Depressionen gehabt, beschreibt der Angeklagte seine Beziehung weiter. Einmal habe er gerade noch verhindern können, daß sie sich mutwillig in ein scharfes Brotmesser gestürzt habe. D.: „Das habe ich mit dem Fuß weggeschlagen.“

Der 7. Dezember 1993 war der Geburtstag von Gabriela N. Doch weder ihr Ex-Mann noch der Sohn, noch ihre Kneipenfreunde hätten gratuliert. „Kein Anruf, keine Karte“, schildert D. das traurige Jubiläum. Nach durchzechtem Nachmittag seien die beiden dann abends in ihre Wohnung zurückgekehrt und hätten weiter getrunken und geredet, bis Gabriela N. „nervlich ausgerastet“ sei und einen „depressiven Schub“ bekommen habe. D.: „Sie hat rumgejammert und redete immer wieder von Selbstmord.“ Sie habe gesagt: „Jetzt ist Schluß, ich habe die Schnauze voll.“ Dann sei in ihr die Idee aufgekommen, so Dieter Wolfgang D., „daß ich sie umbringe“. Gabriela N. soll ihm ein Küchenmesser vor die Nase gehalten habe. „Ich habe gesagt: Ich schlachte Dich nicht ab wie ein Stück Vieh und habe das Messer in die Ecke geworfen“, beteuert D., doch sie habe nicht locker gelassen: „Dann machen wir jetzt Liebe und dabei tötest Du mich.“ Dieter Wolfgang D. in sachlichem Ton: „Und da hat sie das Hemd geholt und es unter den Kopf gelegt.“ Was dann in ihm vorgegangen sei, weiß er angeblich nicht mehr - nur: „Ich habe mit beiden Händen zugezogen. Sie hat sich nicht gewehrt, hat seelenruhig dagelegen.“

Für den Vorsitzenden Richter der Großen Strafkammer 1 klingt die D.sche Version „unglaublich“. Günther Heinsohn: „Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich die Akte gelesen haben. Haben Sie wirklich den Wunsch einer total betrunkenen Frau ernst genommen?“ „Man muß sie kennen“, erwidert der Angeklagte erregt. „Sie kann einerseits total betrunken gewesen sein, im nächsten Moment war sie wieder total fit - konnte glatt eine Doktorarbeit schreiben.“

Zahlreiche Zeugen und Gutachter müssen nun klären, ob die Version der Realität entspricht, oder ob sie ein Phanatasieprodukt ist. Die junge Staatswältin schenkte Dieter Wolgang D.s Beteuerungen nach den Vorermittlungen keinen Glauben. Für sie hat der Angeklagte Gabriela N. während des Geschlechtsverkehrs mit einem bereitgelegten Hemd erdrosselt – also: „Mord!“

Kai von Appen