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Nordirland vor dem Waffenstillstand

■ Nach 25 Jahren Krieg stimmt der Armeerat der IRA einer Waffenruhe prinzipiell zu

Dublin (taz) – Es tut sich etwas in Nordirland: Nachdem am Donnerstag eine US-Delegation zu Vermittlungsgesprächen nach Irland gereist war, gehen politische Beobachter jetzt davon aus, daß ein Waffenstillstand der Irisch- Republikanischen Armee (IRA) unmittelbar bevorsteht. Die sechsköpfige Delegation unter Führung des ehemaligen Kongreßabgeordneten Bruce Morrison war einer Einladung des politischen Flügels der IRA, Sinn Féin, gefolgt. Morrison betonte, daß er keineswegs offizieller US-Abgesandter sei, sondern als „privater Bürger bei der Suche nach konstruktiven Wegen“ helfen wolle, um den Friedensprozeß in Nordirland voranzutreiben. Er glaube, daß Sinn Féin kurz vor einer Entscheidung stehe. Britische Zeitungen prophezeiten sogar, daß der IRA-Waffenstillstand noch an diesem Wochenende verkündet wird.

Diese Spekulationen seien verfrüht, dämpfte Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams die Hoffnungen. Auch aus Sinn-Féin-Kreisen in Belfast war zu erfahren, daß mit einer Waffenruhe erst im Laufe des kommenden Monats zu rechnen sei. „Man stellt eine Kampagne, die 25 Jahre gedauert hat, doch nicht einfach so ein“, sagte ein führendes Parteimitglied. „Das ist ein gradueller und komplizierter Prozeß.“ Er räumte jedoch ein, daß der Armeerat, das höchste Gremium der IRA, sich im Prinzip für einen Waffenstillstand entschieden und sämtliche IRA-Einheiten bereits darüber informiert habe. Es gehe jetzt darum, zwei Punkte abzuwägen: „Wir müssen unseren Anhängern klarmachen, daß wir nicht aufgegeben haben und daß der Waffenstillstand nicht aus einer Position der Schwäche ausgerufen wird. Gleichzeitig müssen wir den Regierungen in London und Dublin zeigen, daß es uns mit dem Frieden ernst ist. Der Waffenstillstand ist keine leere Geste, er ist ein aufrichtiges Zeichen unseres guten Willens.“

Nordirlands Unionisten, die für die Einheit mit Großbritannien eintreten, beobachten den Besuch der US-Delegation und die Gerüchte über eine Waffenruhe mit tiefem Mißtrauen. Kein unionistischer Politiker war bereit, mit der Delegation zu sprechen. Der Unterhausabgeordnete William Ross von der Ulster Unionist Party sagte: „Der Besuch der US-Delegation gibt Gerry Adams und Sinn Féin – und dadurch auch der IRA – zu einem heiklen Zeitpunkt völlig unnötigen Auftrieb.“ Der britische Nordirland-Minister Patrick Mayhew war ebenfalls „nicht verfügbar“. Ralf Sotscheck

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