■ Press-Schlag: „Grüß Gott!“
Eine Nachtigall war es nicht, die Giovanni Trapattoni jüngst trapsen hörte, und auf gar keinen Fall war es eine Lerche. Eher schon der Schatten eines Hobbygolfers, Schmierenkolumnisten und vielbeschäftigten Fernsehkommentators aus Kitzbühel, der dem neuen Wundertrainer des Deutschen Meisters gehörig über die Leber trampelte. Kaum geht bei den Münchner Bayern etwas schief, richten alle die Blicke auf die nahegelegenen Berge und warten darauf, daß Franz Beckenbauer herniedersteigt und den Karren aus dem Dreck zieht. Das mußte nach dem 1:5 in Freiburg auch der berühmte Trapattoni erfahren, der den Klub eigentlich auf europäische Gipfel führen sollte, zunächst aber zweimal in der Fußballprovinz auf den Bauch fiel.
Der Maestro war sichtlich vergrätzt. Von ihm aus könne Beckenbauer den Laden gern übernehmen, ließ er verlauten, nachdem Bayern- Präsident Fritz Scherer seinen Star-Trainer mit einer überaus unklugen Äußerung in den Regen gestellt hatte. Eigentlich wollte er nur die in solchen Fällen üblichen Appelle an die Allgemeinheit loswerden, jene Stereotypen, die immer dann abgespult werden, wenn der Kittel anfängt zu brennen. Alle müssen an einem Strang ziehen, jeder ist gefordert, und so weiter und sofort. Nur vergaß der Präsident leider, daß „alle“ bei den Bayern eben auch den Vizepräsidenten Beckenbauer einschließt, und als Scherer diesen auch noch ersuchte, „doch mal mit einigen jungen Spielern zu reden“, war die Brüskierung perfekt.
Eilig hastete der Kaiser herbei, um die Wogen zu glätten, ernannte Trapattoni umgehend zum „besten Trainer der Welt“, stellte klar, daß es dessen Aufgabe sei, mit Spielern zu reden, daß er sich keinesfalls einmischen wolle und nur in die Kabine gegangen sei, um „Grüß Gott!“ zu sagen. Doch alle Liebesmüh' wäre wohl vergebens gewesen, wenn die Mannschaft wieder verloren hätte, und die schadenfrohe Fußballrepublik lachte sich bereits ins Fäustchen angesichts des zu erwartenden Komödienstadls im Lederhosen-Ensemble.
Aber es war wie früher, als es Borussia Mönchengladbach auch meist nicht schaffte, die Bayern nachhaltig zu ärgern. Ein klares 3:0 ließ das Gezeter erst einmal verstummen, dafür redeten wieder die, denen es nach dem Freiburger Debakel die Sprache verschlagen hatte. Manager Uli Hoeneß pries den Offensivgeist des Teams, Trapattoni tat kund, daß man „den Charakter von Trapattoni“ in diesem Spiel gesehen habe, Beckenbauer sah die Mannschaft „auf dem besten Wege“, nur Gladbachs Effenberg hielt Zunge und Finger im Zaum.
Friede, Freude, Eierkuchen im Bayernzirkus, zumindest bis zum nächsten Nackenschlag, wenn in München wieder Kaiserwetter ausbricht. „Grüß Gott!“ hat Beckenbauer ja immerhin schon gesagt. Matti
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