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Wir würden auch japanisch rappen

■ Die Bremer HipHopBand „Cribb 199“ ganz ohne Beat über ihre Party-Message vom „Gut-drauf-sein“

„Cribb“, sagt der Slang, ist der Ort, wo sich Diebe treffen und was aushecken. Die vier Männer von „Cribb 199“ – zwischen 19 und 25 – pflegen ihre konspirativen Treffs seit zwei Jahren, um anschließend durch Bremens HipHop-Szene zu rappen. Morgen sind Mike (Senad) Causevic, Ali Aydogan, Aydin Yasa und Bahadir Semraoglu – alle in Deutschland aufgewachsen – live on stage im Schlachthof bei der HipHop-Party des Jahres. Die taz besuchte die Vier schon vorab in ihrem „Cribb“, mit Baseballkappe getarnt.

Ihr habt mal gesagt, ihr könnt ja nicht über irgendein amerikanisches Getto rappen, über die Bronx etwa, weil ihr da nicht lebt. Worüber rappt ihr?

Mike: Wir rappen über Sachen, die uns gerade einfallen, über uns zum Beispiel. Da ist viel Fun dabei. Dann haben wir ein Stück auf deutsch, das ist gegen Ausländerfeindlichkeit, und wir haben für den Bremer Sampler ein Stück auf bosnisch gemacht, das ist ein Antikriegsstück.

Das heißt, ihr macht jetzt auch Politrap.

Mike: Kann man so sehen, ja. Aber das hätten wir auch schon früher machen können, nur hat uns das da noch nicht so berührt, das Ganze. Diese beiden Stücke sagen das aus, was wir im Moment darüber denken.

Ali: Was wir fühlen, und was wir den Leuten mitteilen wollen.

Mike: Aber es ist nicht so, daß wir morgen hingegen und noch ein Politstück machen und sagen: Warum quält ihr die Kurden so oder warum macht ihr das und das? Das waren eben jetzt zwei Aussagen, die wir machen wollten.

Ansonsten soll bei euch vor allem die „Party“ stimmen?

Mike: Genau. Wir bringen gute Beats, die wir selber mögen. Der Rhythmus stimmt, die Texte passen. Das wollen wir den Leuten auch zeigen. Daß wir selber Spaß dran haben.

Ist das eure Message, gut drauf sein?

Mike: Klar. HipHop ist positiv, weil er nämlich ein Ausdruck der Jugend ist. Egal, wo das ist. Die Texte, die können dann auch mal negativ sein. Drüben, in den Staaten, haben die ja das gerappt, was sie gerade gefühlt haben. Und das ist ja klar, die wachsen da im Getto auf und kommen da nicht mehr raus. Aber das sind Sachen, die können wir nicht aufgreifen.

Die Gefühle müssen echt sein.

Mike: Genau. Und gerade hier in Deutschland machen da unheimlich viele Kids mit. Unheimlich viele Gruppen sprießen da aus dem Boden, weil's 'ne gute Form ist, Musik zu machen.

Ali: Ist ja nicht allzu schwer.

Mike: Genau. Man muß kein Musiker sein, du spielst ja nicht selbst. Man muß kein Studium absolviert haben, um zu rappen. Man setzt sich einfach hin und reimt 'n paar Texte. Beim Mischen der Musik, beim Sampeln, da hilft dir dann die Technik.

Was holt ihr euch da an Sounds zusammen?

Aydin: Alles, was uns gefällt. Das kann man gar nicht in Worte fassen, das müßte man in Klängen sagen.

Mike: Ist stark funkig.

Aydin: Jetzt sind wir gerade an einem Stück mit türkischem Text und arabischem Chorus. Da ist diese kleine türkische Trommel dabei.

Worum wird's im Text gehen?

Ali: Wissen wir noch nicht. Der Inhalt kommt irgendwann später dann so aus dem Bauch.

Man nennt euch den Multikulti-Vierer.

Mike: Den Ausdruck haben uns die sogenannten Medien gegeben. Das ist vom Namen her okay. Wir sagen, wir machen nicht Multikulti, sondern wir rappen in allen Sprachen, die uns gerade einfallen und Spaß machen. Du mußt ja Bock aufs Rappen haben. Wenn wir einen Japaner dabeihätten, würden wir auf japanisch rappen. Die meisten, die hier sind, kommen ja auch irgendwo her, und weil die meisten nicht nur Deutsche, sondern auch Ausländer sind, haben wir gesagt, machen wir für jeden etwas.

Wie findet ihr die deutsche Hip-Hop-Szene?

Mike: Na ja, es wird jetzt mehr auf deutsch gerappt, und langsam entwickelt sich auch was Eigenes. Das merkst du dann in den Texten und an der Art, wie gesampelt wird. Auf den Zug wollen wir aber nicht aufspringen. Nur damit wir mehr anerkannt werden, nee.

Ali: Das Ding ist ja, daß die hier den Leuten erklären wollen, wenn du HipHop machst, mußt du auch Breakdancen und Sprayen. Nur wenn du alles machst, bist du einer von den Underground-Junkies. Das ist Schwachsinn.

Mike: Wir wollen 'n gutes Feeling haben, und die Leute können auch eins haben, wenn sie wollen.

Gespräch: Silvia Plahl

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