■ Mit Nordirlands Wirtschaft auf du und du
: Am englischen Tropf

Berlin taz/dpa – Nach 25 Jahren Blutvergießen hoffen viele Nordiren, daß der Frieden ihnen nun bald auch Wohlstand bringen wird. Doch mancher der 1,6 Millionen Einwohner fürchtet sich auch vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Bisher hängt die britische Provinz am Tropf der Regierung in London. Weiteres Geld kommmt aus Brüssel. Jährlich wird die Region mit 3,4 Milliarden Pfund (8,5 Mrd. DM) subventioniert. 63 Prozent des Bruttosozialprodukts werden mit Staatsmitteln erwirtschaftet. Ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung lebt vom öffentlichen Dienst.

Der Niedergang von Schiffbau und Textilindustrie wurde kaum durch neue Industrien abgefedert. Von den Arbeitsplätzen entfallen außerhalb des öffentlichen Dienstes 18,3 Prozent auf das produzierende Gewerbe, 3,5 Prozent auf die Landwirtschaft, 4,0 Prozent auf das Bauwesen und 42 Prozent auf den Dienstleistungsbereich. Letzterer hängt wesentlich vom großen Militär- und Polizeiapparat ab, der jährlich 1,3 Milliarden Pfund kostet. 18.000 Soldaten und 13.000 Polizisten bedeuten auch für ein Heer von Zivilisten den Lebensunterhalt.

In der britischen Presse wird unter Berufung auf einen Geheimbericht spekuliert, der Frieden könne kurzfristig 20.000 Arbeitsplätze kosten und der Wirtschaft würden 300 Millionen Pfund verlorengehen. Heute liegt die Arbeitslosenquote in Nordirland bei 13,1 Prozent. Der Regionalverband der britischen Industrie kam allerdings in einer Studie über eine Friedensdividende zu dem Schluß, daß ein dauerhaftes Ende des Terrors „mehr Stellen bringen als vernichten würde“. Ihr Vorsitzender Doug Riley schätzt, verlorene Jobs würden in zwei bis vier Jahren durch Tourismus und neue High- Tech-Fertigungen ersetzt.