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Erneut „lebenslang“ für Adelheid Schulz

■ Früheres RAF-Mitglied wegen Schießerei mit niederländischen Zöllnern verurteilt / Schwere der Schuld betont / Anwalt spricht von faktischer Todesstrafe

Stuttgart (AP) – Die bereits zu lebenslanger Haft verurteilte RAF-Gefangene Adelheid Schulz hat gestern vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen ihrer Beteiligung an einer Schießerei mit vier niederländischen Zöllnern 1978 erneut eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe erhalten. Der fünfte Strafsenat schloß sich dem Antrag der Bundesanwaltschaft an und erkannte auf gemeinschaftlich begangenen zweifachen Mord, auf gemeinschaftlichen versuchten Mord in zwei weiteren Fällen sowie auf schweren Raub.

Der Vorsitzende Richter Kurt Breucker sagte in der mündlichen Urteilsbegründung, die Schuld der Angeklagten wiege besonders schwer. Adelheid Schulz, die auf eigenen Antrag bereits am ersten Prozeßtag am 25. Mai von der Hauptverhandlung ausgeschlossen wurde, war wegen Störens auch von der Urteilsbegründung im Stammheimer Gerichtssaal ausgeschlossen worden.

Das Gericht sah es als erwiesen an, daß die 39jährige am 1. November 1978 im Grenzort Kerkrade zusammen mit Rolf Heißler an einer Schießerei mit vier niederländischen Zöllnern beteiligt war, bei der zwei Beamte getötet und einer verletzt wurde. Im Anschluß an die Schießerei hätten die RAF-Mitglieder unter Anwendung von Waffengewalt von einem Verkaufsfahrer die Herausgabe seines Lieferwagens erzwungen und diesen als Fluchtfahrzeug benutzt.

Adelheid Schulz war am 13. März 1985 vom Oberlandesgericht Düsseldorf unter anderem wegen Mittäterschaft an der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer und seinen vier Begleitern zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Diese Strafe floß nun in das neue Urteil ein.

Ursprünglich hatte sich Adelheid Schulz wegen Mordes in zwei Fällen sowie wegen sechsfachen versuchten Mordes zu verantworten. Auf Antrag der Bundesanwaltschaft wurde der zweite Anklagekomplex zum gescheiterten Attentat auf den damaligen Oberkommandierenden der US-Streitkräfte in Europa, General Frederick Kroesen, im September 1981 in Heidelberg jedoch fallengelassen. Die Verteidigung von Adelheid Schulz, die auf ein Schlußplädoyer verzichtet hatte, erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme, das Urteil bedeute faktisch „die Todesstrafe“ für ihre Mandantin. Mit der erneuten Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und der Festschreibung der Schuldschwere habe das Gericht der Vorgabe des Generalbundesanwalts entsprochen. „Für Adelheid Schulz soll danach ein Leben in Freiheit unabsehbar sein. Politisch war dies die Bestimmung des Prozesses – faktisch bedeutet ihre Umsetzung die Todesstrafe für unsere Mandantin“, hieß es in der vom Wiesbadener Anwalt Andreas Groß unterzeichneten Erklärung. Der Verteidiger kritisierte ferner, daß der Prozeß die notwendige medizinische Versorgung von Adelheid Schulz verhindert habe. Nach Auskunft von Vertrauensärztinnen sei ihre gesundheitliche Wiederherstellung unter den Bedingungen der Haft nicht mehr möglich. Schulz müsse daher umgehend freigelassen werden. „Es gibt zur Zeit nicht das politische Kräfteverhältnis, in dem dies durchsetzbar wäre“, hieß es weiter. Wegen des haftbedingten körperlichen Zerstörungsprozesses sei es notwendig, daß Schulz nicht mehr allein und isoliert von anderen RAF-Gefangenen bleibe. Die Verteidigung habe daher die Verlegung nach Frankfurt- Freungsheim beantragt, wo die RAF-Gefangene Eva Haule inhaftiert sei. In Frankfurt bestünden qualifizierte Möglichkeiten für die medizinische Behandlung.

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