: Ein Staat oder 32.332 taz-Fahrräder
Der Lotto-Jackpot wurde auch im zehnten Anlauf nicht geknackt / Zen oder die Kunst, 42 Millionen Mark politisch korrekt unter die Leute zu bringen / Ein Leitfaden von ■ Anja Kaatz und Sven Christian
Berlin (taz) – Eine Woche mehr Zeit zum Träumen: Der Jackpot ist noch zu haben. Wahrscheinlich 42 Millionen Mark warten auf ihr Opfer. Doch was ist, wenn es linksrotgrünpolitischsozialengagiert ist? Wie kann es in Zukunft den GenossInnen noch vor die Augen treten? Wollen Sie vielleicht Bonzenschleudern fahren oder mit Grundstücken spekulieren, während Millionen ohne Dach über dem Kopf sind? Sicher nicht. Die taz hat gefragt:
Amnesty International würde mit einer Spende gleich einen eigenen Staat gründen, um endlich Stimmrecht in der UNO zu erhalten – Vetorecht wäre erwünscht, muß aber nicht sein. Willkommen wäre allerdings auch Unterstützung bei Kampagnen zur Menschenrechtserziehung, zum Beispiel zur Schulung von Polizei- und Sicherheitskräften in Afrika, Asien und im Nahen Osten.
Der BUND hätte am liebsten noch drei Nullen hinten dran. Dafür würde er dann die Aktienmehrheit bei Siemens kaufen und endlich mit dem Ausstieg aus der Atomkraft ernst machen. Sie könnten aber auch sinnlose Verkehrsprojekte wie die Ostseeautobahn durch den Ankauf gutgelegener Sperrgrundstücke für alle Zeiten unmöglich machen.
Wenn Sie aber lieber die verseuchte Weser retten wollen, wenden Sie sich an Robin Wood. Hier bietet man Ihnen für Ihre Millionen ein funkelnagelneues Weserforschungsschiff inklusive Untersuchungslabor zum Schadstoffnachweis.
Wenn Sie selbst noch was von ihrem Geld haben wollen, zum Beispiel für das Solar-Auto, wenden Sie sich an die Öko-Bank in Frankfurt. Am günstigsten ist, sie lagern den Großteil der Kohle als Eigenkapital der Bank ein, allerdings bitte langfristig. Mit dem Rest kaufen sie Fondssparbriefe, zum Beispiel aus dem Förderbereich Emanzipation-Frauen.
Saniert wäre der wackere Fußballklub FC St. Pauli. Erst mal würde der Schuldenberg von 11 Millionen abgetragen. Für die Fans stände eine Instandsetzung des legendären Millerntorstadion an. Daß der brasilianische Stürmerstar Romario dann für den Zweitliga- Club spielt, ist ein Gerücht.
Gerettet wäre auch die taz! 70.000 Jahre könnten Sie die Zeitung abonnieren (zum politischen Preis, versteht sich). Wenn Sie Ihren Gewinn nur in Abo-Geschenken anlegen, könnten Sie einen Monat lang rund 850.000 Frühstücke versüßen. Oder Sie könnten sich 32.332 taz-Fahrräder kaufen. Die politisch korrekteste Lösung wäre, gar nicht zur Annahmestelle zu rennen. Denn der Staat heimste durch die Lotto-Mania allein letzte Woche 150 Millionen ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen