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Kein Kerneuropa

■ Kohl rückt von Schäubles Plänen ab

Bonn (AP) – Bundeskanzler Helmut Kohl hat den Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, innerhalb der EU ein „Kerneuropa“ der integrationswilligeren Staaten herauszubilden, als „nicht mit der Bundesregierung abgestimmtes Papier“ bezeichnet. In einem Telefongespräch mit dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sagte er nach Angaben von Regierungssprecher Dieter Vogel gestern in Bonn, das Papier werde wie andere Vorschläge auch geprüft.

Kohl habe Berlusconi, der ihn angerufen hatte, erläutert, daß es sich um ein Diskussionspapier in Blick auf die für 1996 vorgesehene Maastricht-Folgekonferenz handele, sagte Vogel. Auch britische und französische Politiker hätten sich schon ähnlich geäußert. Am Ende der Prüfung der Vorschläge aus der CDU/CSU und von anderer Seite werde es eine Meinung der Bundesregierung geben. Berlusconi sei durch die Erklärung Kohls offenbar zufriedengestellt gewesen.

Vogel erklärte, Kohl habe die Grundzüge des vom CDU/CSU- Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble und dem CSU-Landesgruppenvorsitzenden Michael Glos vorgelegten Papiers schon vor der Veröffentlichung gekannt. Auf die Frage, ob der Bundeskanzler sich inhaltlich ebenso wie Bundesaußenminister Klaus Kinkel von den Vorstellungen distanziere, sagte der Regierungssprecher, man möge aus der Einstufung als „nicht abgestimmt“ eigene Schlüsse ziehen.

Schäuble und Glos hatten vorgeschlagen, in einem größer werdenden Europa die Länder enger zusammenschließen, die eine schnelle Integration wollen. Deutschland, Frankreich und die Beneluxstaaten könnten einen solchen Kern bilden.

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