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„Wie ein totes Stück Vieh abtransportiert“

■ Vier Polizisten wegen Körperverletzung und Beleidigung eines Iraners vor Gericht / Fall hatte 1993 eine Lawine ins Rollen gebracht / Angeklagte bestreiten

Den Gedanken an Heiligabend wird der Iraner Habib J. wohl noch lange mit Prügel und Schmerzen verbinden. Denn am 24. Dezember 1992 wurde der 34jährige Student zunächst vom Fahrer eines BVG- Busses zusammengeschlagen. Danach hatten ihn Polizisten nach Angaben einer Zeugin „wie ein totes Stück Vieh abtransportiert“. Auf dem Polizeiabschnitt 33 im Bezirk Prenzlauer Berg ging die Tortur weiter, bis sich der Iraner mit zerrissenen Sachen und dröhnendem Schädel „wie ein Stück Dreck“ auf der Straße wiederfand.

Vier der beschuldigten Polizisten stehen seit gestern wegen Körperverletzung im Amt und Beleidigung vor Gericht. Der Busfahrer wird sich im Oktober verantworten müssen. Habib J.s Fall hatte im Frühjahr 1993 eine Lawine ins Rollen gebracht. Anzeige erstattet hatte die Ausländerbeauftragte Barabara John, auch amnesty international hatte den Vorfall aufgegriffen. Nach einer Sendung des ZDF waren Polizeiübergriffe gegen Ausländer für die Medien endlich kein Tabuthema mehr. Sehr zum Ärger von Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky, die bis heute so tun, als handele es sich bei den Tätern allenfalls um ein paar schwarze Schafe in der Polizeibehörde.

Die meisten Verfahren wegen Körperverletzung im Amt werden bekanntlich von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Daß es sich bei Habib J. anders verhält, ist der Existenz einer unbeteiligten Zeugin zu verdanken. Die 47jährige Sekretärin Hannelore B. hatte zufällig beobachtet, wie der Iraner an der Endhaltestelle des Busses 227 in Moabit vom Fahrer mehrmals so gegen die Scheibe geschlagen wurde, „daß der ganze Bus erschütterte“. Danach, so die Sekretärin gestern als Zeugin, habe sie gesehen, wie eine Funkstreife kam und zwei Beamten den Iraner abführten. „Er sträubte sich, wurde an der Tür hochgenommen und wie eine Rolle ins Auto geschmissen.“ Die Sekretärin hatte sich bei dem Vorfall unbemerkt im Hintergrund aufgehalten, „ich hatte Angst, etwas zu sagen“. Als der Funkwagen abgefahren war, hatte sie Habib J.s Studentenausweis auf der Straße gefunden und sich nach einem Telefonat mit diesem zu einer Zeugenaussage entschlossen.

Der als politisch verfolgt anerkannte Student Habib J. wird seit seiner Flucht aus dem Iran im Zentrum für Folteropfer behandelt. Vor Gericht berichtete er gestern, daß er vor dem Prozeß ständig Alpträume von einer Scheinhinrichtung gehabt habe. Zu dem Tathergang sagte er, er sei in dem Bus eingeschlafen und erst durch die Prügel des Fahrers aufgewacht. Auf der Polizeiwache sei er von mehreren Polizisten als „Saujude“ beschimpft worden. Später hätten sie ihn mit „Allah, Allah“ und „Khomeini, Khomeini“-Rufen verächtlich gemacht. Als er auf dem Revier eine Strafanzeige gegen den Busfahrer erstatten wollte, sei er von den Beamten mit Ohrfeigen und Stößen auf die Straße befördert worden. Einen der angeklagten Beamten erkannte er gestern als Täter wieder. Die vier Polizisten bestritten sämtliche Vorwürfe. Lediglich einer gab zu, den Iraner in den Schwitzkasten genommen zu haben, weil „dies das leichteste Mittel war, ihn zu entfernen“. Der Prozeß wird kommende Woche fortgesetzt. Plutonia Plarre

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