Ende der internationalen Isolation

■ Französische Interessen in Afrika stehen einer Politik des Boykotts entgegen

Kinshasa (taz) – Er sollte den ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana und seinen burundischen Kollegen im Flugzeug begleiten. Doch warum war Mobutu nicht mitgeflogen? Ein weites Feld für Spekulationen. Was wußte der zairische Präsident über den Abschuß der Präsidentenmaschine im April, der den Bürgerkrieg in Ruanda auslöste? Höhere Militärkreise in Zaire wissen angeblich etwas über eine Beteiligung Mobutus. Und es gibt Anzeichen dafür, daß der Flugzeugabsturz Teil einer regionalen Destabilisierungsstrategie gewesen sein könnte: So wie Mobutu – bislang erfolgreich – fast jeden Schritt der Demokratisierung im eigenen Land durch Scheinverhandlungen, Kooption der Opposition und Repression zu unterdrücken vermochte, duldet er keine demokratische Entwicklung vor seiner Haustür. So kamen Habyarimana und sein burundischer Kollege gerade von Verhandlungen aus Tansania zurück, die dem in Ruanda blockierten Demokratisierungsprozeß neuen Schwung verleihen sollten.

Ruanda ist aber nicht das einzige Beispiel im zentralen Afrika für eine mögliche Destabilisierungsstrategie. Mit Waffenlieferungen soll Mobutu auch die Rebellen in Burundi unterstützt haben, die den Präsidenten und einen Teil der demokratisch gewählten Regierung im Oktober 1993 ermordet haben. Auch im benachbarten Kongo, der im Sommer 1992 demokratisch wählte, kam es dieses Jahr zu Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und der Opposition, die sich fast in einem Bürgerkrieg wie in Ruanda entladen hätten – in der Hauptstadt Brazzaville gibt es seitdem „ethnisch gesäuberte“ Viertel.

„Heute hat hier jeder eine Waffe. Die Waffen kommen aus Zaire“, sagt ein Diplomat in Brazzaville. Und: Mobutu unterstützt Jonas Sawimbi, den rechten Rebellenführer im Bürgerkrieg in Angola, der seine Wahlniederlage gegen Regierungschef Dos Santos 1992 nicht akzeptierte, mit Waffen. Was im Kalten Krieg die Amerikaner in Zusammenarbeit mit Mobutu leisteten, führt der zairische Präsident selbst in guter Tradition fort. Nicht ganz uneigennützig, denn der Waffenhandel bringt Diamanten aus Angola. Damit finanziert Mobutu sein System.

Ironie der Geschichte? Zaire gilt heute als stabiles Land im zentralen Afrika – und Mobutu ist aus seiner internationalen Isolation wieder aufgetaucht. Spätestens seit der französischen Intervention in Ruanda – die Landung französischer Soldaten auf zairischem Territorium ließ sich Mobutu, wie gemunkelt wird, teuer bezahlen – ist der zairische Präsident eine der Schlüsselfiguren in der Region. Auch Dank François Mitterrand, der auf dem frankoafrikanischen Gipfel in Mauritius Ende 1993 Mobutu als erster wieder empfing.

Die französischen Sonderinteressen in Afrika führten dazu, die gemeinsame Politik mit EU und USA gegen den Menschenrechtsverletzer zu unterwandern. Pragmatismus heißt die Devise. Außerdem fürchten die Geberländer heute, daß Zaire selbst aufgrund innenpolitischer und ethnischer Spannungen in Shaba und im Kivu in einen Bürgerkrieg hineintaumeln könnte. Der Konflikt in Shaba 1992/93 mit bis zu 500.000 Flüchtlingen war jedoch genau Ergebnis der Politik Mobutus. Zaire, das sich aus etwa 200 Ethnien zusammensetzt, ist nicht in einen ähnlichen Konflikt wie in Ruanda hineinzuziehen. Ludwig Sarasin