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Der Papst kommt nur per TV

Die BewohnerInnen von Sarajevo müssen ohne Beistand des katholischen Oberhirten ausharren / Johannes Paul II. sagt seine geplante Reise wegen Beschusses der Stadt ab  ■ Aus Zagreb Christian Höller

„Wir hatten schon alles vorbereitet. Die Absage hat niemand erwartet.“ Dem Erzbischof von Sarajevo, Vinko Puljić, ist die Enttäuschung anzusehen. Für ihn und für die Menschen in der bosnischen Hauptstadt ist es von geradezu verheerender Symbolik: Papst Johannes Paul II., der heute als Bote des Friedens kommen wollte, mußte seine Reise im letzten Augenblick absagen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche kapitulierte am Dienstag abend, weil es trotz aller Bemühungen nicht gelungen war, Sicherheitsgarantien für die Reise von seiten der bosnischen Serben zu erhalten.

Der Papst sorgte sich nach eigener Darstellung weniger um die eigene Sicherheit, sondern es ging ihm um die über 20.000 Menschen, die zum Gottesdienst im zerstörten Eisstadion erwartet wurden. Sie wären gegen Heckenschützen und gegen Granatangriffe, wie sie erst gestern wieder in der 20-Kilometer-Sperrzone um Sarajevo verübt wurden, nicht zu schützen gewesen.

Die Luftbrücke nach Sarajevo ist unterbrochen

Die UNO-Truppen in Bosnien hatten während der gesamten Vorbereitungszeit ihre Sorgen um den Papst zum Ausdruck gebracht. In den vergangenen Tagen war der Flughafen mehrmals beschossen worden, Heckenschützen waren verstärkt in Aktion getreten. Weil zwei UN-Flugzeuge beim Anflug beschossen worden waren, wurde gestern die Luftbrücke in die Stadt für unbestimmte Zeit unterbrochen.

Der UNO-Kommandant für Ex-Jugoslawien, Bertrand de Lapresle, mußte am Dienstag zugeben: „Wir suchen gerade nach einer Flugabwehrkanone, die sich entgegen allen Bestimmungen innerhalb der Sperrzone befindet.“ Und er fügte hinzu: „Absolute Sicherheitsgarantien gibt es in einer Stadt wie Sarajevo für niemanden – auch nicht für den Papst.“ Das Oberhaupt der katholischen Kirche wird nun statt dessen in seinem Sommersitz im römischen Castel Gandolfo einen Gottesdienst für den Frieden auf dem Balkan abhalten, der auch nach Sarajevo übertragen wird. Nach Angaben des Vatikans will Johannes Paul II. den Besuch in der „gemarterten Stadt“ nachholen, „sobald die Umstände es erlauben“. Doch dieses Versprechen ist ein schwacher Trost. Ohne Zweifel ist die erzwungene Absage eine schwere persönliche Enttäuschung für den Papst. Der Kirchenmann wollte dem totalen Versagen von Politik und Diplomatie den Mut des Einzelnen entgegenstellen. Es ist aber auch eine Niederlage für die Diplomaten im Vatikan. Sie hatten nämlich ein gemeinsames Gebet von Katholiken, Muslimen und Orthodoxen in Bosnien vorgesehen. Doch die orthodoxe Kirche lehnte ab. Deren Bischöfe werfen dem Vatikan vor, im Balkan-Konflikt eindeutig Stellung gegen die Serben genommen zu haben.

Keine Änderung gibt es jedoch am Plan von Johannes Paul II., am kommenden Wochenende nach Zagreb zu fahren. Dort wird damit gerechnet, daß eine halbe Million Menschen den Kirchenmann begrüßen werden. Der offizielle Anlaß des Besuches ist die Neunhundertjahrfeier der Erzdiözese Zagreb. Seit Tagen gibt es dort nur ein einziges Thema. Die kroatische Hauptstadt hat das „Papstfieber“ erfaßt. Beinah alle Schaufenster der Geschäfte im Stadtzentrum sind mit Bildern des Heiligen Vaters und den Fahnen des Vatikan geschmückt. Die Souvenirgeschäfte haben wegen der ankommenden Pilger Hochsaison.

Ein Wermutstropfen bei all den Vorbereitungen sind in Zagreb die Versuche der Staatsführung, den Besuch als eine „Bestätigung der Rolle des kroatischen Staates in der gegenwärtigen Welt“ einzuvernehmen, wie dies das Außenministerium vor kurzem in einer offiziellen Stellungnahme getan hat.

Doch der für die katholische Kirche zuständige Kardinal Kucharić hat im staatlichen Fernsehen unmißverständlich dargelegt, daß der Heilige Vater als Bote des Friedens kommen will und für keine der Kriegsparteien am Balkan Partei ergreifen wird.

Ursprünglich wollte Papst Johannes Paul II. auch nach Belgrad reisen. Für die dortigen Machthaber aber kam eine solche Visite des katholischen Oberhauptes nicht in Frage.

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