■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Niederdeutscher Hinterkopf

Was für eine erste Schulwoche: Da kommen die LehrerInnen aus den Ferien und dann das. Ein heilloses Chaos an den Schulen, keiner weiß, wo er in vierzehn Tagen arbeiten wird. Entsprechend war dann auch die Sitzung der Bildungsdeputation letzten Donnerstag. Scherf und sein Staatsrat Hoffmann waren zerknittert. Blieb nur: Wie konnte das Desaster bloß passieren?

Ein Blick ins Behördentelefonbuch: Ernst Kahrs ist Abteilungsleiter beim Bildungssenator und dort zuständig für den Lehrerbedarf. Nun stellt sich die einfache BürgerIn vor, der Mann hat Kriterien – SchülerInnenzahl, Schulstufe und möglicherweise auch noch das Fach – und dann hat der Mann einen Computer, der ihm sagt, wo wer fehlt und wo welche zuviel sind. Alles falsch! Die bremischen LehrerInnenplanung geht nur nach einem Kriterium, und das heißt Kahrs Hinterkopf.

„Im Hinterkopf, da hat der Mann halt alles drin“, sagt man. Da kriegt die eine Schule einen Schluck aus der Stellenpulle, die andere nicht, und keiner weiß warum. In mühevoller Kleinarbeit müssen die ParlamentarierInnen Kahrs-Kriterien aus den Zahlen herausinterpretieren: Daß zum Beispiel die Huchtinger Schulen durchweg besser davonkommen als andere, wenn es um Stellen geht – „das ist der Stichweh-Zuschlag“. Stichweh, der war langjähriger Sprecher der Bildungsdeputation, SPD, und sowas verbindet. Damals war Kahrs noch auf der anderen Seite. Bevor er Personalchef wurde, war er nämlich Vorsitzender des Personalrats. Eine bremische Karriere.

Filz funktioniert, so lange es etwas zu verteilen gibt. Nun ist die Stadt ausgeplündert, nun knirscht es im Oberstübchen. In den Sommerferien hat Kahrs gerechnet und gerechnet – plötzlich kam heraus: Er hat den Berufsschulen hundert Lehrer zugewiesen, die es gar nicht gibt. Ein Kommafahler wahrscheinlich.

Filz funktioniert, so lange es noch etwas zu verteilen gibt. Das gilt erst recht, wenn man jemanden loswerden will. Letztes Jahr sollte Kahrs ehrenvoll den Posten wechseln – an das Institut für niederdeutsche Sprache. Nur war da kein Posten frei. Das könnte sich nun ändern: „Er ist der niederdeutschen Sprache ein ganzes Stück nähergekommen“, heißt es aus der Behörde. Kahrs selbst scheint die Angelegenheit ganz gelassen zu sehen. An den Schulen tobt seinetwegen das Chaos – für ihn ist das offensichtlich kein Grund für Überstunden. Gestern war Eröffnung der Ausstellung „150 Jahre Schulpflicht“, und wen sehen wir da ganz adrett im feinen Anzug? Schon erraten! Schönes neues Schuljahr, Ihre

Rosi Roland