: „Viel Idealismus, aber wenig Know-how“
■ Anthroposophische Alternativ-Bank investiert in gemeinnützige Projekte
Kapital und Kommerz finden oft ohne Schwierigkeiten zusammen. Doch Investoren für gemeinnützige Einrichtungen zu interessieren, ist ungleich schwerer. Die Frage der Wirtschaftlichkeit verhindert oft schon im Vorfeld das Engagement der Banken im alternativen Bereich. Um diese Lücke zu schließen, gründete sich vor 20 Jahren die GLS Gemeinschaftsbank in Bochum. Seit November letzten Jahres existiert auch in Berlin eine Kontaktstelle der GLS.
„Unsere Aufgabe ist es, den Kontakt zu Interessenten herzustellen sowie den Bekanntheitsgrad der Bank zu vergrößern“, schildert Mitarbeiter Klaus Vecke. Dazu gehört die Information, welche Projekte die GLS unterstützt und in welcher Form Gelder bei der Alternativbank angelegt werden können. Bei der GLS sind es vor allem Projekte aus dem anthroposophischen Bereich.
„Es wird garantiert, daß das Geld zum größten Teil in gemeinnützige Einrichtungen aus dem anthroposophischen Umkreis geht“, versichert Klaus Vecke, „in heilpädagogische Einrichtungen oder Waldorfschulen beispielsweise.“ Neuerdings seien auch wirtschaftliche Projekte kreditwürdig, sofern sie dem Anspruch einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung genügten. So wurden zum Beispiel Gelder für das Projekt Stattauto oder diverse Naturkostläden bereitgestellt. In Sachsen werden mit Fonds Wasserkraftwerke gefördert, im Schwarzwald alternative Energieformen.
„Im Gegensatz zu anderen Banken beurteilen wir den Kreditnehmer nicht nur nach seinen finanziellen Mitteln, sondern auch nach seinen Fähigkeiten“, stellt Vecke heraus. „Für uns ist eine entscheidende Frage, inwiefern die Fähigkeiten des Individuums der Gemeinschaft nützen, oder in welchem sozialen Kontext das geplante Projekt steht“, ergänzt sein Kollege Friedmut Dreher. Selbstkritisch geben die beiden zu, daß dieses Verfahren für den Kreditnehmer sehr umständlich und zeitaufwendig sei.
Dafür bietet die Bank jedoch recht unkonventionelle Finanzierungsmöglichkeiten. Dazu gehören Leih- oder Bürgschaftsgemeinschaften. Hierbei muß hinter der Initiative ein Unterstützerkreis stehen, der bereit ist, für bestimmte Kreditanteile zu bürgen. Braucht beispielsweise eine Waldorfschule eine bestimmte Summe, so bürgen vielleicht 100 Eltern mit jeweils 2.000 Mark für den Kredit. Ähnliches sei auch für den Kundenkreis eines Bioladens denkbar.
„Daß Berlin mit seiner Vielzahl von alternativen Projekten erst seit kurzem über eine Kontaktstelle verfügt, hat allein personelle Gründe“, betont Klaus Vecke. Bisher ist nur eine kleine Gruppe ehrenamtlicher Mitarbeiter tätig, Neueinsteiger sind herzlich willkommen. „Was uns zum Beispiel noch fehlt, ist ein kompetenter Rechtsanwalt“, meint Berufsschullehrer Vecke.
Momentan bietet die Kontaktstelle mittwochs von 19 bis 20 Uhr in der Bornstraße 11 eine Sprechstunde an. Dort gibt es auch Rat bei wirtschaftlichen Fragen. „Im Alternativbereich gibt es viel Idealismus, aber wenig Know-how“, lautet das Fazit vieler Beratungen. Langfristig gesehen möchte es die Berliner Gruppe jedoch nicht bei einer Kontaktstelle belassen, sondern eine eigene Filiale der GLS in Berlin aufbauen. Hella Kloss
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