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„Kraft basiert auf Muskeln“

■ Bei der Schwimm-WM in Rom heimsen die Chinesinnen Goldmedaillen en gros ein und geraten unter üblen Verdacht

Berlin (taz) – Bis zum Samstag dauerte es, ehe die Frauen der einst führenden Schwimm-Nation USA ihre erste Goldmedaille bei den 7. Weltmeisterschaften in Rom feiern konnten. Janet Evans gewann die 800 m-Freistil knapp vor der Australierin Hayley Lewis. Jana Henke aus Potsdam wurde Vierte. Die magere Ausbeute der US-Schwimmerinnen kann jedoch kaum verwundern, schließlich ergeht es den anderen Ländern nicht viel besser. Wie auch, denn fast alle Titel werden von den Chinesinnen gewonnen. 15 Medaillen hatten die kräftigen Damen aus dem Reich der Mitte bis Samstag geholt, darunter neun goldene.

Logisch, daß sich unter diesen Umständen so etwas wie eine Anti-China-Koalition im internationalen Schwimmsport gebildet hat. Nach den Cheftrainern der Engländer und Kanadier hat sich auch der Direktor des US-Teams mit massiven Dopingvorwürfen zu Wort gemeldet. „Man muß schon unglaublich naiv sein, um das Offensichtliche nicht zu sehen“, sagte Dennis Pursley, der chinesische Erfolg sei eine „exakte Kopie“ der DDR-Dominanz von 1976 bis 1988, ein Zeitraum, für den massives Doping im ostdeutschen Schwimmsport bewiesen ist. Pursley weiter: „Wir können unsere Köpfe nicht in den Sand stecken und so tun, als würde das, wovon wir wissen, daß es passiert, nicht passieren.“ Auch deutsche Experten wie der Heidelberger Biologe Werner Franke hatten konstatiert, daß der „Extrem-Körperbau“ der Chinesinnen darauf hindeute, daß sie mit männlichen Hormonen gedopt seien. „Alles Hanteltraining“, sagt Cheng Yun-Peng, Direktor des chinesischen Teams, „Schnelligkeit basiert auf Kraft und Kraft basiert auf einem muskulösen Körper.“ Im Gegensatz zu anderen Nationen würden die chinesischen Schwimmerinnen bis kurz vor den Wettkämpfen Krafttraining betreiben, deswegen seien sie so muskulös. Und: „Große Muskeln rufen Mißverständnisse hervor.“ Drei Dinge begründeten seiner Meinung nach das Mißtrauen: „Das erste ist, daß wir anderen Leuten nicht verständlich gemacht haben, wie hart wir trainieren. Das zweite ist, daß es vielleicht einige faule Früchte gibt. Das dritte ist, daß es viele Jahre lang im Schwimmen nur Europa und Amerika gab und sie nicht ertragen können, daß wir mit ihnen gleichziehen.“

Von Gleichziehen kann zumindest bei den Frauen keine Rede sein, hier sind die Chinesinnen längst davongeschwommen, und so häufen sich weltweit die Forderungen nach effektiveren Dopingkontrollen. „Wir sind total für mehr Trainingskontrollen“, sagt Cheng, „aber sie müssen fair sein. Wenn Chinesen getestet werden, müssen Europäer und Amerikaner genauso oft getestet werden.“ Matti

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