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"Das ärgert mich am meisten"

■ Nur ein gesunder Rücken kann entzücken / Steffi Grafs schmerzliche 6:1, 6:7, 4:6-Niederlage im Finale der US Open gegen Arantxa Sanchez-Vicario

New York (dpa/taz) – Steffi Graf nutzte auf dem Center Court jede Chance, den Grund für ihre schmerzliche Niederlage zu zeigen. Wieder einmal waren es die Rückenschmerzen. Doch die entthronte Titelverteidigerin zeigte danach Größe und flüchtete sich nicht in Ausreden. „Ich habe keine Lust, über meinen Rücken zu reden“, murrte sie und weigerte sich, die aufgebrochene Verletzung als Entschuldigung für das ärgerliche 6:1, 6:7 (3:7), 4:6 gegen die Spanierin Arantxa Sanchez anzuführen.

„Arantxa war heute besser als ich; so einfach ist das. Sie hat schon in letzter Zeit extrem gut gespielt, aber heute ganz besonders“, sagte die Weltranglisten-Erste. Nach zwei Stunden Finale blieben ihr nur 275.000 Dollar Preisgeld und die Erinnerungen an das Jahr 1988. Damals, am 10. September, war sie auf den Tennis-Olymp gestiegen und hatte als vierte Spielerin überhaupt nach Maureen Connolly, Margaret Court und Martina Navratilova den Grand Slam gewonnen. Diesen Erfolg vergoldete sie, als sie darüber hinaus auch noch bei der Olympiade in Seoul siegreich war – der „Golden Slam“ war geboren. „Man kann nicht immer gewinnen“, erkannte Steffi Graf diesmal in New York. „Es wäre verrückt, das zu erwarten.“

Für die Spanierin war es nach den French Open schon der zweite Grand-Slam-Titel des Jahres und die gelungene Revanche für die Final-Pleite gegen Steffi Graf bei den Australian Open Anfang des Jahres. „Ich bin natürlich sehr stolz und überglücklich“, sagte die 22jährige Arantxa Sanchez. Schon jetzt plant sie den Sieg beim nächsten Wimbledon-Turnier.

Bevor die Titelverteidigerin den entscheidenden Rückhand-Slice ins Netz geschlagen hatte, mußte das Energiebündel aus Barcelona vor 22.000 Zuschauern im Louis- Armstrong-Stadium aber lange um seinen dritten Grand-Slam- Sieg fürchten. Im ersten Satz stand sie sogar am Rande einer Blamage. Mit 1:6 war sie in nur 22 Minuten gedemütigt worden. Und nicht sie, sondern die deutsche Erfolgsabonnentin selbst war es, die das Blatt wendete. Denn im ersten Spiel des zweiten Durchganges vergab Steffi Graf die sich bietende Break- Chance und damit leichtsinnig die Vorentscheidung. „Es lag nicht an der Konzentration“, beteuerte sie.

Im gleichen Maße wie die Spanierin Aufwind bekam, wurde sie selbst unsicherer. Das steigerte sich noch, als sie sich bei einer unglücklichen Aktion das lädierte Rückgrat verdrehte. Von diesem Moment an servierte sie so schlecht wie im ganzen Turnier nicht. Und die Zahl der leichten Fehler stieg sprunghaft von acht im ersten Satz auf jeweils 19 in den folgenden Durchgängen. „Bei manchen Bewegungen tat es ziemlich weh“, räumte Steffi Graf dann doch noch ihr Handicap ein. Weh tat der Perfektionistin auch, wie sie auf dem Center Court untergegangen war. „Ich weiß, daß ich mehr kann, als ich heute gezeigt habe. Das ärgert mich am meisten.“

Und die Pläne für die Zukunft? Schluß mit dem dauernden Ignorieren des lädierten Rückens als Folge eines Ermüdungs-Wirbelbruchs, Schluß mit der Hetze von Turnier zu Turnier – aber keinesfalls soll schon jetzt Schluß mit der Karriere sein. „Davon kann momentan überhaupt nicht die Rede sein“, sagte sie klipp und klar. Allerdings werde sie eine längere Pause einlegen und sich mit ihrem Arzt eingehend beraten. „Ich werde meinem Körper die Zeit geben, die er braucht, und erst dann weitersehen.“ shc

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