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Lästige Journalisten

■ SPD fordert Rücktritt Charlotte Höhns als Leiterin des Bundesinstituts

Berlin (taz) – Am Montag nachmittag wurde sie im Innenministerium vorstellig: Charlotte Höhn, Direktorin des Wiesbadener Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung und vorzeitig aus Kairo zurückgepfiffen. Dort traf sie mit dem Leiter der Abteilung für innenpolitische Grundsatzfragen zusammen – und holte sich die Order, bis Mitte der Woche eine „dienstliche Erklärung“ abzuliefern, um die Vorgänge aufzuklären. Wie das Innenministerium vorgehen will, war nicht in Erfahrung zu bringen: Der zuständige Abteilungsleiter war für die taz nicht zu sprechen.

Höhn war vorzeitig aus Kairo abgereist, nachdem in Deutschland die Forderung immer lauter geworden war, die nach taz-Veröffentlichungen in die Kritik geratene Wissenschaftlerin aus der deutschen Delegation abzuberufen. Nach dem Willen der SPD soll es nicht bei der Abberufung bleiben: In einer Pressekonferenz forderte gestern Generalsekretär Günter Verheugen Konsequenzen der Bundesregierung: Höhn müsse auch von ihrem Posten als Leiterin des Bundesinstituts zurücktreten.

Höhn selbst äußert sich nicht gegenüber Journalisten. Die taz bat Höhn schriftlich um eine Stellungnahme – Fehlanzeige. Auch von den ARD-„Tagesthemen“ fühlte sie sich nur belästigt und entzog sich hastig der laufenden Kamera.

Langsam wird klar, warum fast alle deutschen Delegationsteilnehmer sich nicht öffentlich von der Wissenschaftlerin distanzieren wollten. Manfred Kulessa etwa, Vertreter der evangelischen Kirche, findet es „ärgerlich“, daß einer Teilnehmerin der deutschen Delegation der Vorwurf rassistischer Äußerungen gemacht wurde. Das sei, so Kulessa zur taz, für die Deutschen genauso schlimm wie für den US-Präsidenten der Vorwurf einer außerehelichen Liebesaffäre. Er kann sich durchaus vorstellen, auch weiterhin mit Höhn zusammenzuarbeiten. Bernd Pickert

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