■ Das Portrait: Erzbischof Dyba
Der Glöckner von Fulda Foto: taz-Archiv
Bei Hunderennen läuft den Kötern ein falscher Hase voraus. Die Attrappe heizt die Meute an, bringt sie auf Touren, bis sie hinterherjagt, hechelnd, schäumend. Erzbischof Johannes Dyba ist so ein falscher Hase. Ein Kleriker, der mit reaktionären Äußerungen voranstürmt und die öffentliche Meute auf sich zieht. Während sich Kritiker an Dybas Polemik abarbeiten, kann die Katholische Kirche in Deutschland unbeschadet autoritär und konservativ bleiben: Verglichen mit der Geißel aus Fulda, erscheinen weite Teile der Institution fast fortschrittlich. Heute wird Johannes Dyba 65 Jahre. Viele wünschen ihn zum Teufel. Wir gratulieren. Die Rolle des Großinquisitors ist Ihnen, Herr Bischof, nicht schlecht gelungen.
Politische Theologie: „Zutiefst unchristlich.“ Feministische Theologie: „Gotteslästerung.“ Abtreibung: „Kinder-Holocaust.“ Homosexuelle: „Hergelaufene Schwule.“ Worte des Kirchenmannes. In seiner Diözese Fulda läßt Dyba ab und an ein „Trauergeläut für die Abtreibungsopfer“ ertönen. „Über Fulda liegt ein Pesthauch“, ereiferte sich die FDP-Abgeordnete Gisela Babel. „Schmeißfliegen“ seien die FDPler, konterte Dyba. Weil er so herrlich giften kann, lauthals und dogmatisch gegen Degeneration und Schamlosigkeit antobt, ist er beliebter Horrorgast bei allen Talkshows.
Ein Kämpfer für den Herrn? Dyba kämpft für sich selbst. Der Glaube, wie ihn Christen verstehen, fehlt dem Erzbischof. Ihm ist die nötige Portion Demut und Barmherzigkeit abhanden gekommen. Dyba ist ein Machtmensch. Einer jener, eher simpel gestrickten, paternalistischen Charaktere, wie sie in hierarchischen Institutionen gemästet werden. Im Vatikan konnte er seine Persönlichkeit voll ausbilden. Er diente der Kurie über Jahre im päpstlichen Staatssekretariat, war Vizesekretär der Kommission „Gerechtigkeit und Frieden“. Eine passende Aufgabe. Denn Krieg und Kriegshandwerk faszinieren den promovierten Juristen, beschäftigten ihn in seiner Dissertation, ließen ihn neben seinem Amt als Erzbischof der Diözese Fulda (seit 1983), das des Militärbischofs der Bundesrepublik übernehmen (seit 1990). Bereits 1991 wollte er die Bundeswehr in Out-of-area-Einsätze treiben. Momentan betreibt er Propaganda für die Bundestagswahl: Er diffamiert die Grünen als unwählbar – ihr Programm sei „antichristlich“.
Der Heilige Geist möge sich seiner zum Geburtstag erbarmen. Bascha Mika
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