Nur Frauen in der Bürgerschaft

■ Verfassungsrichterin Jutta Limbach bei den Schafferinnen

„Selten haben wir etwas so klares und kurzes gefordert“. Jutta Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, liebt lange Ausschweifungen nicht. Knapp und bündig fordert sie, daß ein einziges Wort aus dem § 177 des Strafgesetzes gestrichen werde: „Außerehelich“. Der „Vergewaltigungs-Paragraph“ stellt nach juristisch korrekter Lesart nur außereheliche Vergewaltigungen unter Strafe.

Der § 177 ist nur eins der frauenrechtlichen Themen, auf die Jutta Limbach gestern abend in ihrer Rede „Frauen im Recht“ auf dem Schafferinnenmahl eingegangen ist. Seit zwanzig Jahren veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen jährlich das Schafferinnenmahl, zu dem ausschließlich Frauen eingeladen werden. „Wir wollten neue Akzente setzen gegen das sehr elitäre Schaffermahl“, sagt Gisela Schwarz, gewählte 1. Schafferin in diesem Jahr. Deswegen speisen bei dem traditionellen Mahl nicht nur die einflußreichen und wichtigen Frauen geladen. „Wir laden die Frauen, die in der Gesellschaft vernachlässigt werden“, betont Gisela Schwarz. Im vergangenen Jahr speisten im Haus der Bürgerschaft die Frauen, die die Schaffer bei ihrem Mahl bekochen und bedienen. Gestern belebten Schuldnerberaterinnen, Betriebs- und Personalrätinnen und Frauenbeauftragte die Bürgerschaft. Der Ort wurde von den Schafferinnen mit Bedacht gewählt. Während die Männer jährlich im „Macht und Einfluß demonstrierenden Rathaus“ tafeln, wählten die Frauen „ein Gebäude der gelebten Demokratie“.

Das zur Demokratie auch die Gleichberechtigung von Männern und Frauen gehört, will Jutta Limbach in ihrem neuen Amt durchsetzen. „Was haben wir in Sachen Gleichberechtigung wirklich vollbracht“, fragt sich die Frau, die eins der höchsten Ämter dieser Republik innehat. „Ich weiß genau, daß ich mein Amt, auch allen anderen Frauen zu verdanken habe“, sagt sie. Um ihre Qualifikationen weiß sie genau, aber nur der Kampf der Frauen für mehr weibliche Präsenz in der Öffentlichkeit habe eine Präsidentin möglich gemacht.

Doch es muß noch viel für die Frauen getan werden. Über die Hälfte aller Studierenden in Deutschland seien Frauen, doch nur 4 Prozent der ProfessorInnen seien weiblich. Egal ob Frauen promovieren oder sich habilitieren wollen, immer seien sie gegenüber ihren Kommilitonen in der Minderzahl. „Das ist in allen Bereichen von Macht und Prestige so“, sagt Jutta Limbach. Dafür wären dann 85 Prozent aller Reinigungskräfte Frauen. „Da sind die Männer noch nie angekommen und haben gesagt, nach Artikel 3 des Grundgesetzes müssen mehr Männer putzen“. fok