: Gefälschte Papiere
■ Bulgarische Öffentlichkeit verärgert über Abschiebungen aus Deutschland
Budapest (taz) – Die bulgarischen Medien reagierten verärgert auf die ersten Abschiebungen bulgarischer Asylbewerber aus der Bundesrepublik Deutschland. Berichte über Roma-Familien, die sich gefälschte Papiere über eine angebliche Verfolgung beschaffen und illegal nach Deutschland einreisen, wechselten sich mit Kommentaren ab, in denen erneut die Frage gestellt wurde, ob Bulgarien irgendwann in Europa aufgenommen werde. Besonders hervorgehoben wurde, daß die Mehrheit der Flüchtlinge Roma seien.
Der bulgarische Innenminister Viktor Michailov selbst hatte den Anlaß zu dieser Aufnahme des Abkommens geliefert, das er am vergangenen Freitag mit seinem deutschen Amtskollegen Manfred Kanther unterzeichnet hatte: Zusammen mit den ersten dreizehn Abgeschobenen – allesamt Roma – war er im Flugzeug nach Sofia zurückgereist. Wohl mit Rücksicht auf den Innenminister paßten gleich sechs deutsche Grenzschützer auf die Abgeschobenen auf. In den kommenden Monaten sollen 22.000 bulgarische Staatsbürger abgeschoben werden.
Im Gegenzug für die „Rücknahme“ wird Deutschland nicht nur die Kosten der Abschiebungen tragen. Wie schon beim „Rückführungsabkommen“ mit Rumänien, das im November 1992 abgeschlossen wurde, will das Bundesinnenministerium auch im Falle Bulgariens sogenannte Requalifizierungszentren finanzieren. Als Teil eines Vorbeugeprogrammes gegen illegale Migration soll dort den rund 650.000 Arbeitslosen in Bulgarien eine Umschulung geboten werden. In den Genuß einer Requalifizierung werden jedoch, wie auch in Rumänien, bestenfalls einige hundert Menschen kommen.
In den letzten fünf Jahren sind rund 480.000 Bulgaren aus ihrer Heimat geflüchtet. Die Hälfte von ihnen sind ethnische Türken, die im den Jahren 1990 bis 1992 in die Türkei auswanderten. Zusammen mit den rund 600.000 Roma stellen sie die wirtschaftlich in der größten Not lebenden Bevölkerungsgruppen des Neun-Millionen-Landes dar. Die Roma sind außerdem wachsendem Rassismus und gewalttätigen Übergriffen von seiten der Bevölkerung und Behörden, besonders der Polizei, ausgesetzt und werden pauschal für die steigende Kriminalität im Land verantwortlich gemacht. In Deutschland jedoch steht Bulgarien auf der Liste der demokratischen Länder, in denen es keine Verfolgung aus politischen oder rassistischen Gründen gebe. Keno Verseck
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