: Für Monarchie und Cannabis
■ Die britischen Liberalen Demokraten bringen ihren Vorsitzenden Ashdown auf ihrem Parteitag in Bedrängnis
Dublin (taz) – Die Queen kann aufatmen: Die britischen Liberalen Demokraten wollen die Monarchie nicht abschaffen. Auf ihrem Parteitag in Brighton lehnten die Delegierten den Antrag auf ein Referendum zu diesem Thema mit überwältigender Mehrheit ab. Einig war man sich jedoch, die Zuwendungen an die königliche Verwandtschaft radikal zu kürzen, falls die Liberalen an die Macht kommen sollten.
Dem Parteivorsitzenden Paddy Ashdown fiel nach dem Votum ein Stein vom Herzen, hatte er doch bereits zwei empfindliche Niederlagen einstecken müssen: Zum einen stimmten die Delegierten gegen den ausdrücklichen Wunsch der gesamten Parteiführung für die Einführung des Mindestlohns, zum anderen sprachen sie sich für die Legalisierung von Cannabis aus. Vergeblich hatte Simon Hughes vom Parteivorstand die Delegierten zuvor beschworen: „Seid bitte verantwortungsbewußt!“
Ein sichtlich angeschlagener Paddy Ashdown versuchte am Donnerstag abend, weitere Klippen weiträumig zu umschiffen. So sprach er in verschlüsselten Worten, als er der Labour Party einen Pakt anbot. Er wolle „gemeinsame Sache mit anderen“ machen. Deutlicher konnte er nicht werden, weil das „Prinzip des gleichen Abstands“ zu den beiden großen Parteien für viele Liberale eine heilige Kuh ist.
Seit Tony Blair im Juli den Labour-Vorsitz übernommen hat und die Partei weiter nach rechts gerückt ist, verschwimmen die Unterschiede zu den Liberalen. Bei der Marktwirtschaft, der Kommunalpolitik, dem Verhältnis zu Europa, der britischen Dezentralisierung und nun auch beim Mindestlohn herrscht Einigkeit zwischen beiden Parteien. Eine Umfrage hat in dieser Woche ergeben, daß drei Viertel der WählerInnen keine großen Differenzen zwischen Liberalen und Labour sehen, während immerhin zwei Drittel die Liberalen deutlich von den konservativen Tories unterscheiden können. In einem Punkt will Ashdown die Labour Party gern bekehren: bei der Frage der Wahlreform. Das britische Mehrheitswahlrecht benachteiligt die kleineren Parteien erheblich. Eine starke liberale Partei käme auch Labour zugute, ließ Ashdown durchblicken. Da Labours Vorsprung vor den Tories bei Umfragen stark schwankt, könnten die Liberalen bei den Parlamentswahlen das Zünglein an der Waage spielen, hofft er. Jack Straw vom Labour-Vorstand wies die liberalen Ouvertüren allerdings zurück: Ein Wahlpakt komme nicht in Frage, sagte er. Bleibt abzuwarten, ob auch Blair auf dem Labour-Parteitag Anfang Oktober den Liberalen eine Absage erteilt. Ralf Sotscheck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen