: Darf der Rubel rollen?
■ IWF-Direktor Camdessus mahnt die Industrieländer zur Haushaltsdisziplin
Madrid/Washington (dpa) – Die biblischen „sieben mageren Jahre“ seinen vorbei, meint der oberste Weltbanker. Die Weltkonjunktur hat sich erholt. IWF-Direktor Michel Camdessus empfiehlt deshalb in einen Interwiew mit der spanischen Tageszeitung El Pais, die Industrieländer sollten „die Gunst der Stunde nutzen und die eigenen Haushaltsdefizite sowie verkrustete Wirtschaftsstrukturen abbauen“. Um jedoch ein „anhaltendes“ Wachstum zu erreichen, müßten die Fehler der letzten Expansionsphase vermieden werden. Dazu gehöre der mangelnde Wille zum Abbau der Budgetdefizite und zur Liberalisierung der Wirtschaftsstrukturen.
Durch Strukturreformen werde auch die Arbeitslosigkeit bekämpft. „Wir müssen verhindern, daß der Teil der Arbeitslosigkeit, der jetzt konjunkturbedingt ist, künftig zur strukturellen Arbeitslosigkeit wird“, warnt Camdessus vor Beginn der IWF-Jahrestagung in Madrid.
Er selbst hat angekündigt mit sogenannten „Sonderziehungsrechten“ neues Weltbankgeld lockermachen zu wollen. Der Vorschlag mißfällt den Industrieländern, die befürchten, die Inflation werde angeheizt. Streit herrscht aber auch im Führungskreis des Währungsfonds. Ein hoher Beamter des IWF begrüßte gestern in Washington zwar eine neue Runde bei den Sonderziehungsrechten, um auch die nach Ende des Kalten Krieges neu zum Währungsfonds dazugestoßenen 37 Mitgliedsländer in den Genuß des Kunstgeldes kommen zu lassen. Er warnte jedoch, vor allem Rußland von einer neuen SZR-Zuteilung profitieren zu lassen. Moskau könne in diesem Fall mit einer zusätzlichen Summe von einer Milliarde SZR rechnen, ohne dies vorher durch ein neues Wirtschaftsprogramm „verdienen zu müssen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen