: Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle steigt
■ Mehr Sicherheit auf Baustellen: Daimler setzt Sicherheitskoordinator ein
Die Zahl tödlicher Arbeitsunfälle auf Berliner Baustellen hat nach den Worten der Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) alarmierend zugenommen. Anläßlich einer Pressekonferenz zum Thema Arbeitssicherheit, die gestern in den Räumen des Daimler-Benz- Tochterunternehmens debis stattfand, wies die Sozialsenatorin darauf hin, wie wichtig es sei, die Arbeitsunfälle auf Baustellen zu verringern. Um dies zu erreichen, werde sie in ihrem Zuständigkeitsbereich die EU-Baustellenrichtlinie umsetzen, sagte Stahmer. Dabei könne sie auch mit der Unterstützung des Bausenators Wolfgang Nagel (SPD) rechnen. Die Richtlinie, die sowohl vom Bauherren als auch vom jeweiligen Bauunternehmer Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes verlange, sei nicht in deutsches Recht übernommen worden, weil die Mehrheit der Bundesländer dagegen sei.
Waren 1991 in Berlin insgesamt sechs Menschen bei Bauunfällen tödlich verunglückt, seien es bereits 1993 schon 18 Todesfälle gewesen. Erst vor zehn Tagen waren auf einer Baustelle in Friedrichshain drei Arbeiter ums Leben gekommen, nachdem eine amerikanische Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg detoniert war. Gegen den Bauherrn ermittele jetzt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung.
Stahmer hob die Großbaustelle von debis am Potsdamer Platz als vorbildlich hervor. Debis habe aus eigener Verantwortung einen Sicherheits- und Gesundheitskoordinator eingesetzt, wie er in den EU-Richtlinien vorgesehen sei. Klaus Wessling soll künftig für den Stuttgarter Automobilkonzern den Gesundheitsschutz organisieren. Zu seinen Aufgaben zähle neben täglichen Baustellenbegehungen auch, Flucht- und Rettungswege sicherzustellen sowie die Löschwasserversorgung während der Bauphase zu sichern. Seine Tätigkeit werde insbesondere dann interessant, wenn im Verlauf des Bauvorhabens gleichzeitig bis zu 2.500 Bauarbeiter verschiedenster Gewerke und sechzig Kräne im Einsatz sein werden, die in ihrem Zusammenwirken die Unfallgefahren potenzierten.
„Wir wollen keine Unfälle auf der Baustelle“, sagte Geschäftsführer Karl-Heinz Bonn. Verzögerungen erwarte man durch die Tätigkeit des Sicherheitsbeauftragten nicht. Ganz im Gegenteil — schließlich gehe es dem Bauherrn mit der Einsetzung eines Sicherheitskoordinators insbesondere auch darum, daß bei Arbeitsunfällen nicht die gesamte Arbeit auf der Baustelle stillgelegt werde. Peter Lerch
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