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Polizei-Aktionismus vor Einheitsfeier

■ Durchsuchung im BBA-Laden, „Bombenauto“ in der Contrescarpe / Karlsruhe ermittelt

Je näher der 3.Oktober rückt, desto nervöser wird die Staatsmacht. Nach dem versuchten Bombenanschlag auf das Parteibüro der FDP am Montag zeigte die Polizei gestern Aktionismus: Beamte durchsuchten den BBA-Laden in der St.Pauli-Straße und weitere Gebäude im Bremer Stadtgebiet. Ein Auto, das vor dem Amtssitz von Innensenator Friedrich van Nispen an der Contrescarpe geparkt war, wurde wegen des Verdachts auf eine Autobombe von Spezialisten der Polizei aufgebrochen und abgeschleppt. Das „ältere Modell“ habe dort schon seit dem Wochenende im Halteverbot geparkt und sei den wachhabenden Polizisten deshalb verdächtig geworden, so die Sprecherin der Innenbehörde, Merve Pagenhardt.

Die Ermittlungen gegen die unbekannten BombenlegerInnen vor dem FDP-Haus, so die Behörden, liefen gestern „auf Hochtouren“. Dabei arbeiteten die BeamtInnen so hochtourig, daß die Informationen an die Presse zu kurz kamen: Sehr höflich, aber sehr bestimmt wurden Fragen an die etwa zehn Zivil-Beamten des Staatsschutzes, die den BBA-Laden am Mittag durchsuchten, an die Pressestelle der Staatsanwaltschaft verwiesen. Man habe einen Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts in der Tasche, hieß es. Dem Vernehmen nach suchten die Beamten nach einem Plakat, das zu gewalttätigen Aktionen am 3.10. aufrufen sollte.

Von der Pressestelle der Staatsanwaltschaft war zu den Aktionen des Staatsschutzes dann aber nichts zu erfahren. „Ich sage morgen dazu etwas“, meinte Oberstaatsanwalt Hans-Georg von Bock und Polach, nachdem er eine Stellungnahme vorher bereits zugesagt hatte. Dahinter stehe kein Geheimnis, sondern schlicht Überarbeitung. Auch die Polizeipresstelle schweigt zum Thema Bombenaschlag auf das FDP-Büro: „Die Pressestelle des Polizeipräsidiums ist derzeit nicht befugt, weitere Auskünfte in diesem Verfahren zu erteilen.“

Der Grund dafür: Wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion hat die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen an sich gezogen. Neue Erkenntisse zu den unbekannten Tätern hat man aber auch dort nicht, von den Durchsuchungsaktionen der Bremer Polizei war in Karlsruhe nichts bekannt. Aus der „Diktion des Bekennerschreibens“ wird nach Angaben von Pressesprecherin Eva Schübel der Verdacht abgeleitet, in Bremen handele es sich um TäterInnen, die Verbindungen zur „Antiimperialistischen Widerstandszelle Nadia Shehadah“ hätten. Diese Gruppe wird von der Bundesanwaltschaft für das Bombenattentat auf die CDU-Kreisgeschäftsstelle in Düsseldorf im Juni 1994, für den Schußwaffenanschlag auf das Gebäude des Metallarbeitgeberverbandes im November 1993 und für den Brandanschlag auf die Juristische Fakultät der Universität Hamburg im November 1992 verantwortlich gemacht.

Eine Distanzierung von dem Bombenanschlag auf das FDP-Büro kam gestern vom „Bremer Bündnis gegen die Nationalfeier“: „Wir distanzieren uns von dem Versuch, durch den versuchten Anschlag unsere Mobilisierung gegen den 3.Oktober zu vereinnahmen. Dieser Anschlag ist dazu geeignet, das politische Klima im Hinblick auf den 3.Oktober weiterhin zu verschärfen, Gewalt zum vorrangigen Thema zu machen und von den zentralen politischen und sozialen Auseinandersetzungen abzulenken. Wir weisen alle Unterstellungen, das Bündnis gegen die Nationalfeier würde Gewalttaten vorbereiten, entschieden zurück.“ bpo

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