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008: Telefon-Geheimnis

■ Hat sich Schmidbauer verwählt?

Moskau/Bonn (AFP/taz) – Der deutsche Geheimdienst-Koordinator Bernd Schmidbauer (CDU) hat sich bei der russischen Regierung wegen der Vorwürfe im Zusammenhang mit den aufgedeckten Fällen von Atomschmuggel entschuldigt – oder auch nicht. Nach einer Meldung der in der Regel zuverlässigen Moskauer Nachrichtenagentur Interfax hat Schmidbauer den Chef der russischen Spionageabwehr (FSK), Sergej Stepaschin, angerufen und für die „Verbreitung von Informationen, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen“, um Entschuldigung gebeten.

Ein Regierungssprecher in Bonn bestätigte gestern lediglich, daß Schmidbauer mit Stepaschin telefoniert habe. Entschuldigt aber habe sich der wegen seines forschen Auftretens im Kanzleramt als „008“ bespöttelte Geheimdienstkoordinator jedoch für nichts. Der Staatsminister im Kanzleramt habe im Gespräch mit Stepaschin lediglich klargestellt, daß die Bonner Regierung nicht mit der Verbreitung der von russischer Seite beanstandeten Informationen in Verbindung gebracht werden könne, sagte der Bonner Regierungssprecher. Schließlich sei die Presse in Deutschland frei.

Die deutschen Behörden hatten nach den Funden des spaltbaren Materials in den vergangenen Monaten die Auffassung veröffentlicht, daß die radioaktiven Stoffe aus Rußland stammten. Schmidbauer hatte in dem Zusammenhang die russischen Aufsichtsbehörden scharf kritisiert. Russische Regierungsvertreter hatten dies bestritten. Der für die Koordination der Geheimdienste zuständige Staatsminister Schmidbauer war nach dem Auftreten schwerer Fälle von Atomschmuggel im August nach Moskau gereist, um die Zusammenarbeit mit den russischen Behörden zu intensivieren.

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