: Obelix stoned
■ Wohlrabes „Asterix in Amerika“
Es werden keine Kinderlieder gesungen, nur Reggae, Rock und Schwulen-Disco, und das ist gut so. Auch für „Asterix in Amerika“ sind die Gallier mitsamt ihrem Dorf noch immer nicht zur friedliebenden Muster-Community für Abc-Schützen verkümmert. Statt dessen prügelt die Bevölkerung weiterhin mit faulen Fischen aufeinander los, nur um sich hinterher um so trinkfreudiger zu vertragen; Obelix verputzt die übliche Menge an Wildschweinen, ist nicht dick, und auch den Römern werden wieder einige Rippchen gebrochen. Siebziger-Jahre-Öko- Anarchismus still sucks: Leicht und beschwingt tänzeln die knollennasigen Gestalten durch den grünen Wald, pflücken das Fleischbrät von der Wiese und lassen ihren Barden am Baum hängen, wenn er zuviel singen will.
Dann geht es für Asterix und Obelix aus dem vorzivilen Fronkreisch ab nach Amerika, weil ein gewisser wulstlippiger Lucullus im Namen Cäsars den Druiden Miraculix hat verschleppen und über den Rand der seinerzeit noch pizzatellerrunden Welt katapultieren lassen. Alles wohlfeil von „mental images“ auf Hewlett-Packard- Computern animiert, mit virtuell stürmenden Mandelbrotwellen in halluzinogenen Blaufarben. Auf der anderen Seite des Horizonts angelangt, knuspert man statt Schweinen Gubbel und anderes truthähnliches Federvieh, vermöbelt kauzige Grizzlybären und Gelbfußindianer und bringt das Blut der weiblichen Gefolgschaft mit Bisonwerfen in Wallung. Ein Medizinmann zaubert und wird von Miraculix freundlich entzaubert, Obelix raucht seine erste Friedenspfeife und eiert stoned durch die Staaten, und am Ende fliegen die Römer dann einmal mehr über das gallische Dorf.
Die siebte Verfilmung der Comics von René Goscinny und Albert Uderzo hält sich nicht mehr genau an die Vorlagen aus den sechziger und siebziger Jahren. Nachdem Goscinny bereits 1977 starb und Uderzo sich letzten Winter nach einem Streit mit seinem französischen Verleger vom Zeichentisch verabschiedete, wird man in Zukunft ohnehin auf neue Geschichten der zwirbelbärtigen Helden verzichten müssen. „Asterix in Amerika“ ist in Anlehnung an den XXII. Band „Die große Überfahrt“ als eine Reihe locker verbundener Actionsequenzen entstanden: vom Kampfgetümmel in Gallien am Marterpfahl vorbei bis zur Senatsdebatte in den Thermen Roms. Die Zeichentrick- Teams von Bill Speers („When the Wind blows“) und Michel Guerin („Heavy Metal“) haben in Babelsbergs Studios recht flotte Perspektivwechsel, Bewegungsabläufe und raffiniert dreidimensionale Hintergründe zusammengebastelt. Keine Konkurrenz zwar für japanische Kriegsmaschinen, aber Kinder mögens trotzdem. Auch ohne die Techno-Lieder. Harald Fricke
„Asterix in Amerika“, Regie: Gerhard Hahn, Produzent: Jürgen Wohlrabe, Deutschland 1993
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen