: Reinigungen: Immer noch dicke Luft
■ Auch Jahre nach dem Per-Skandal ist das gesundheitsschädliche Lösungsmittel aus der chemischen Kleiderpflege nicht zu verbannen / Ersatzstoffe oft nicht weniger giftig
Klaus Matthießen, Mitarbeiter der Hamburger Handwerkskammer, ist ständig unterwegs, um Reinigungsbetriebe bezüglich ihrer Per-Belastung zu kontrollieren. „Das sind die saubersten Leute geworden“, meint er.
Die meisten Betriebe haben inzwischen neue Maschinen mit geschlossenen Systemen angeschafft, die kaum noch Perchloräthylen, in die Umgebung entlassen. Auch hat man man Mittel und Wege gefunden, um zu verhindern, daß die giftige Chemikalie durch Decken und Wände in die Nachbarwohnung oder nach außen dringt – oft reicht ein abdichtender Anstrich oder eine Tapete mit Metallfolie.
Die Sünden der Vergangenheit lassen sich jedoch nicht einfach ausradieren. Das Gift hält sich hartnäckig im Mauerwerk rund um viele Altbetriebe. Rund 5300 Reinigungsbetriebe gibt es zur Zeit in Deutschland. Seit 1988 wurden rund 4000 Unternehmen geschlossen oder in Annahmestellen umgewandelt. Ende dieses Jahres werden weitere Betriebe dichtmachen. Denn ab 1. Januar 1995 müssen sämtliche Altanlagen die strengeren Grenzwerte der Bundesimmissionsschutzverordnung erfüllen.
Können nun die Nachbarn von Chemiereinigern aufatmen? Eine eindeutige Antwort gibt es darauf nicht. Aufgrund der „weitgehend geschlossenen Maschinen-Kreisläufe“, heißt es beim Umweltbundesamt in Berlin, seien die Immissionen „wahrscheinlich sehr gering“. Dabei überschritten bei Stichproben des Frankfurter Stadtgesundheitsamts 1991 noch 81 Prozent der Betriebe den Grenzwert für benachbarte Wohnräume, 1993 hielten 40 Prozent den Wert nicht ein.
Ein Trend zu neuen Lösemitteln ist weiterhin nicht in Sicht. Ganze acht Prozent der Betriebe setzen Kohlenwasserstoffe statt Per ein. Die Ersatzlösemittel sind oft nicht weniger problematisch. Auch die neuen Riesen-Waschmaschinen, in denen Textilien naß gereinigt werden können, haben den Praxistest nicht bestanden. Die Profigeräte behandeln die Wäsche zwar schonender als eine Haushaltsmaschine. Doch viele Textilien vertragen Wasser und Tenside nicht.
Da es derzeit keine Möglichkeit gibt, Textilien schonend und umweltgerecht zu reinigen, sollte man die Finger von empfindlicher Mode ganz lassen. ÖTM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen