: Nur ein Familiengottesdienst -betr.: "Demonstrationen, politischer Erfolg", taz vom 5.10.94
Betr. „Demonstrationen ,politischer Erfolg'“, taz vom 5.10.
(...) Ich frage mich, wie man Verlautbarungen dieses Bündnisses so unrecherchiert und unkommentiert lassen kann. Ich beziehe mich hier auf die Passage, in der auf den Familiengottesdienst vom 2.10. in der St. Ansgarii-Gemeinde eingegangen wird. Ich habe diesen Gottesdienst besucht und möchte hier einige Dinge klarstellen: Ausgerechnet diesen Gottesdienst als Beispiel für die „Unterstützung“ durch die Bevölkerung anzuführen, halte ich für absurd.
In der Tat wurde diese Gruppe von Einheitsfeier-Gegnern am Anfang des Gottesdienstes am lautstarken und ungefragten Verlesen ihres Textes gehindert. Dieses wurde nicht durch Zivilpolizisten, sondern durch Mitglieder und Funktionäre unserer Gemeinde, den Hausmeister, einen Bauherren und einen Diakon erledigt. Daß jene Gruppe hinter einer solchen Aktion gleich die Staatsmacht vermutet, zeugt von Verfolgungswahn.
Als Gemeinde wollten wir uns nicht vorschreiben lassen, wann und in welcher Form unser Gottesdienst anzufangen habe. Zumal dieser Gottesdienst in keinerlei Zusammenhang mit dem 3.10. stand, sondern ein reiner Familiengottesdienst unter Teilnahme des Kindergartens und des Kinderchores war.
Nach der (...) Predigt (...) wurde der Gruppe die Gelegenheit gegeben, ihr Anliegen vorzutragen. (...) In der Tat wurde das Anliegen interessiert aufgenommen, was aber nicht als Zustimmung gewertet werden sollte, da die Gruppe ihre eigenen klatschenden Jubler mitgebracht hatte. Von anwesender Politprominenz, geschweige denn Bonner, konnte im übrigen überhaupt keine Rede sein, das Publikum bestand zum größten Teil aus Familien mit kleinen Kindern, da die Kindergärtnerin ihr 25. Jubiläum feierte.(...)
Roland Castringius
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen