: Zeuge: Zögerlicher Polizeieinsatz in Buchenwald
■ Prozeß um die Schändung der KZ-Gedenkstätte zeigt Polizeiversagen auf
Weimar (dpa) – Die mutmaßlichen Buchenwald-Täter haben nach Angaben von Zeugen vor der Schändung der KZ-Gedenkstätte am 23. Juli einen türkischen Blumenhändler überfallen. Das Opfer erklärte gestern, am dritten Prozeßtag gegen acht Hauptbeschuldigte vor dem Jugendschöffengericht in Weimar, einer der insgesamt 23 Skinheads habe ihn geschlagen und versucht, ihn zu berauben. Den jetzt angeklagten Skinheads wird unter anderem Landfriedensbruch und Sachbeschädigung vorgeworfen.
Der Blumenhändler sagte vor Gericht weiter aus, er und sein Freund hätten aus Angst vor Rache zunächst keine Anzeige erstatten wollen. Ein Zeuge, der das Geschehen beobachtet hatte, hatte jedoch die Polizei gerufen. „Ich habe mich geschämt“, sagte der Mann. Nach seinem Eindruck wirkten die Polizisten bei ihrem Einsatz unsicher.
Ein weiterer Zeuge bestätigte das zögerliche Verhalten von Polizisten. Ein Fischhändler berichtete, wie die Skinheads vor dem Vorfall in Buchenwald an einem Stausee in Ostthüringen randalierten, Touristen belästigten und sein Arbeitsboot mutwillig beschädigten. Auch nachdem die Polizisten vor Ort Verstärkung erhalten hatten, seien sie nicht eingeschritten.
Ein Polizist, der den Einsatz auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald leitete, gab an, einer der Angeklagten habe bei der polizeilichen Gegenüberstellung wörtlich zu einer Mitarbeiterin der Gedenkstätte gesagt: „Dich brenn' ich eigenhändig ab.“ Zeugen für „Heil Hitler“-Rufe hätten die Beamten nicht gefunden. Die angebliche Beschimpfung der Polizisten durch Angeklagte mit den Worten: „Euch müßte man auch alle gleich vergasen“ bestätigte er nicht.
Ein Busfahrer aus Gera, dessen Reisebus die Gruppe gemietet hatte, sagte, er habe mehrfach versucht, die Skins von ihrem Fahrtziel Buchenwald abzubringen. Da seine Adresse bekannt gewesen sei und er sich vertraglich gebunden gefühlt habe, sei er der Aufforderung dennoch nachgekommen. An dem Stausee habe ihm die Polizei erklärt, er müsse die Busfahrt mit den Jugendlichen fortsetzen.
Ein zweiter Prozeß gegen fünf weitere mutmaßliche Mittäter soll im Oktober beginnen.
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