piwik no script img

Baukommerz statt Baukultur

■ Beim Wettbewerb für die neue „Airport City“ in Schönefeld hat die BBF geschlafen und den Gewinner ausgebootet

Der Dilettantismus der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) kann um ein weiteres Kapitel fortgeschrieben werden. Bei dem Wettbewerb für die neue „Airport-City“ am Flughafen Schönefeld soll sich der alte Aufsichtsrat weder über das zukünftige Bauprojekt richtig informiert noch um notwendige Entscheidungen gekümmert haben. Auch die Auftragsvergabe an den Architekten wurde aus den Händen gegeben. Das Wettbewerbs- und Vergabeverfahren komme einem regelrechten „Betrug an der Baukultur“ gleich, sagte Jochen Boskamp, Präsident des Bundes Deutscher Architekten, zur taz.

Aus einem Bauwettbewerb für das sechs Hektar große Areal zwischen dem Schönefelder Bahnhof und der Abfertigungshalle war im Sommer das Hamburger Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner als Gewinner hervorgegangen. Von Gerkan, Marg und Partner sahen eine moderne Dienstleistungscity mit Hotels, Geschäften und Büros für das Gelände vor. Die Flughafengesellschaft BBF konnte den Preisträger aber bei dem eigens ausgewählten „Airport-City“-Investor, der Corona, nicht durchsetzen.

Die Baupläne für das 500-Millionen-Mark-Projekt sollen nun, anstelle des Hamburger Büros, von dem amerikanischen Architekturbüro Daly (Los Angeles) sowie dessen englischen und deutschen Partnern, darunter Bartels und Wittwer (Berlin), ausgearbeitet werden. Daly und Partner wurden von der Corona mit ins Spiel gebracht.

Das Wettbewerbsverfahren sei durch die BBF und den Investor Corona Berlin Entwicklungsgesellschaft „in unglaublicher Weise verletzt worden“, kritisierte Boskamp. Die Entscheidungen der Wettbewerbsjury seien ebenso übergangen worden wie die Arbeit der eingeladenen Büros. Außerdem mutmaßt Boskamp, daß sich der frühere Aufsichtsrat nur unzureichend über den Ablauf des Verfahrens informiert und nicht darüber beraten habe. Schließlich bedeute die Mithereinnahme von Daly und Partner aus wirtschaftlichen Gründen das Ende jedes Bauwettbewerbs.

Sowohl beim Investor Corona als auch bei der BBF sieht man das weniger dramatisch: Man habe versucht, mit dem Hamburger Büro ins Geschäft zu kommen, sagte der Berliner Corona-Leiter Schachtner. Von Gerkan habe sich aber aus wirtschaftlichen Gründen und angesichts der kurzfristigen Terminplanung geweigert, die Cora-Vorgaben zu akzeptieren. Da schon im Frühjahr 1995 gebaut werden soll, habe man Daly jetzt den Zuschlag gegeben.

Die Sprecherin der BBF, Rosemarie Meichsner, erklärte, daß der neue Aufsichtsrat die Vorwürfe prüfen wolle. Von einer Korrektur der Entscheidung wollte die Sprecherin aber nichts wissen. Das amerikanische Architekturbüro sei aus notwendigen „marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten“ auf Rang eins gesetzt worden. Die Airport-City soll 1997 fertiggestellt sein. Rolf Lautenschläger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen