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Festlegung der Hackordnung

Karlsruher SC – Borussia Dortmund 0:0 / Im vermeintlichen Spitzenspiel wurden gegnerische Schienbeine häufiger getroffen als der Ball  ■ Aus Karlsruhe Ulrich Fuchs

So ein badischer Spätsommer hat's in sich. Wenn die Sonne die Temperaturen noch einmal über 20 Grad klettern läßt, ohne die Vorahnung kommender, schlechterer Zeiten ganz verbannen zu können, ist guter Rat teuer: Radeln in den Rheinauen? Hinauf ins nahe Gebirg', wo Kopf und Blick klar werden? Oder einfach nur raus zum Kickplatz? Was in Karlsruhe derzeit viele tun. Denn der KSC hat investiert. Mehr als alle anderen vor dieser Saison. Klare Zielsetzung: In der Hackordnung der Eliteliga weit nach oben zu kommen. Und schließlich kam ja die Borussia aus Dortmund. Ein direkter Konkurrent um einen Platz an der Sonne in der Beletage der Zunft. Fußball-Festtagsstimmung also.

Aber, oh je: ein trauriger Samstag im Oktober war's, die Gedanken wurden bald trüber. Vielleicht stimmt es ja doch, das böse Klischee, daß das Gemüt des gemeinen Bundesliga-Kickers von schlichter Natur ist. Jedenfalls: Als sich der Tabellenführer und Meisterschaftsaspirant aus dem Westfälischen im Karlsruher Wildpark vorstellte, schienen so einige der Südweststaat-Kicker die Sache mit der Hackordnung zu wörtlich interpretieren zu wollen. Ein Haufen von, wenn man so will, Black Forrest Gumps gegen schwarz-gelbe, westfälische Ringelsocken.

Tatort Mittelkreis. Drei Minuten gekickt. Am Ball Andreas Möller. Zufall oder nicht: Der in der Hackordnung der Bundesliga- Kicker zum Jung-Bertianer aufgestiegene Jens Nowottny läutet das unfröhliche Treiben der kommenden 87 Minuten ein. Foul Marke brutal am Nationalmannschafts- Spezerl. Ein richtungweisender Einstieg.

Im angeschlagenen folkloristisch-rustikalen Ton ging's auch fürderhin zur Sache. Und da die Dortmunder, wie der Fußballermund fälschlich-beschönigend zu sagen pflegt, sich auch nicht als Kinder von Traurigkeit zeigten, kam's statt zum Fußballfest zu einem wüsten Gewürge, Gebolze und Gehacke, das im Nachspiel- Geplänkel auf der Pressekonferenz seine nahtlose Fortsetzung fand. Ja gut, wie inzwischen der klassische Fehlstart fast jeden Fußballer-Statements lautet, ja gut, ein 0:0-Unentschieden, mit dem beide Seiten irgendwie zufrieden waren. Ja gut, die Dortmunder hätten angesichts eines versemmelten Zorc- Elfers und zweier Riedle-Großchancen auch gewinnen können.

Aber wenn schließlich irgend etwas doch noch stimmte an diesem Tag, dann die Metaphorik, mit der ein aufgewühlter BVB-Trainer Ottmar Hitzfeld („Es geht um den Fußball, da muß man auch mal deutliche Worte sagen“) die vorangegangenen 90 Minuten zusammenfaßte: „Wir haben die Schlacht von Kaiserslautern überlebt, und heute haben wir auch die Schlacht von Karlsruhe überstanden, in unserer Kabine sieht es aus wie in einem Lazarett.“ Ein über Hitzfelds Attacken sichtlich beleidigter Winnie Schäfer versuchte mehr schlecht als recht, den gelb-schwarzen Peter anzuprangern: „Zwei Schlachten, wie Ottmar gesagt hat, und jedesmal war Dortmund beteiligt, darüber sollte man auch mal nachdenken.“

Die Treter und Hacker selbst dagegen bewahrten, nachdem sie sich 90 Minuten ausgetobt hatten, erstaunliche Contenance. Reuig gestand ein mit gelb-rot (Hitzfeld: „Dunkelrot“) noch freundlich bedachter Jung-Nationalspieler Schuster nach Begutachtung der Fernsehbilder die Berechtigung des Platzverweises ein. Und Andy Möller, der sich im Geben und Nehmen geübt hatte, sprach von jener vielbeschworenen, ominösen „internationalen Härte, an die wir uns wohl gewöhnen müssen“.

Nee, nee – dann künftig lieber doch ein Ausflug in die Berge. Vielleicht läßt sich ja dort mehr Klarheit über die entscheidende Frage dieses Nachmittags gewinnen. Die hatte ein Dortmunder Kollege angesichts der aufgeheizten, aggressiven Stimmung im ausverkauften Stadionrund schon während des Spiels formuliert: „Fußball mit soviel Haß, warum muß dat denn sein.“ Und die 0:0- Hackordnungen, die sollen sie dann da unten alleine unter sich ausmachen.

Karlsruher SC: Reitmaier - Fink - Schuster, Bilic - Lars Schmidt, Häßler, Nowotny, Bonan (73. Reich), Tarnat - Kirjakow, Knup (60. Carl)

Borussia Dortmund: Klos - Sammer (9. Kree) - Bodo Schmidt, Cesar - Reuter, Zorc, Freund, Möller, Reinhardt - Riedle, Chapuisat (20. Ricken)

Zuschauer: 33.700; gelb-rote Karte: Schuster (69.) wegen wiederholten Foulspiels

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