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Peter-Michael Diestel und seine spottbillige Villa

■ BGH erklärt Kaufvertrag für null und nichtig

Karlsruhe (dpa/taz) – Die Wendezeit war eine schöne Zeit. Ließ sich doch so manches Schnäppchen machen, als die Mauer schon gefallen, die deutsche Einheit aber noch nicht vollzogen war. Das dachte sich im Juli 1990 auch Peter-Michael Diestel. Damals kaufte der CDU- Wendehals eine hübsche kleine Villa „in attraktiver Seeuferlage“ im Berliner Vorort Zeuthen. Den Spottpreis von 192.700 Mark bezahlte der damalige Noch-DDR- Innenminister direkt an sein eigenes Ministerium. Für diesen Wendeschmuh soll Diestel nun büßen. Die schicke Sechs- Zimmer-Villa inklusive 3.465 Quadratmeter großen Grundstücks muß er wieder herausrücken. Der Kaufvertrag ist null und nichtig. Das entschied gestern in letzter Instanz der Bundesgerichtshof (BGH).

Mit dem Kauf der 1930 erbauten und vom Innenministerium als Gästehaus genutzten Villa habe Diestel gegen die auch nach DDR-Recht geltenden „Grundsätze redlichen Verhaltens“ verstoßen. Für andere Interessenten sei ein Erwerb von vornherein nicht in Betracht gekommen. Außerdem war nach Angaben des BGH die Villa schon 1990 „bei vorsichtiger Bewertung“ rund 700.000 Mark wert. Dies reiche aus, um „von einem groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen“.

Zu seiner Verteidigung hatte Diestel geltend gemacht, daß der Kauf des ehemaligen Gästehauses vom letzten DDR-Finanzminister Walter Romberg (SPD), dem Justizministerium und auch der Volkskammer gebilligt worden sei. Der BGH entschied jedoch, daß nichtige Verträge „auch durch Genehmigung keine Gültigkeit erlangen können“.

Die Klage der Bundesregierung auf Herausgabe der Villa hatte Diestel 1992 als „durchsichtigen primitiven Racheakt“ bezeichnet. Sie sei zu einem Zeitpunkt gekommen, als er eine ostdeutsche Sammlungsbewegung gründen wollte. Der brandenburgische CDU-Politiker war im Mai 1992 von seinem Amt als Fraktionsvorsitzender in Potsdam nach umstrittenen Äußerungen über das stabilisierende Wirken von inoffiziellen Stasi-Mitarbeitern zurückgetreten. Inzwischen ist er Präsident des Fußballvereins Hansa Rostock.

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